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Lifestyle

Kolumne: Pandas in Berlin

Gero Schließ
2. Juli 2017

Die Berliner sind im Pandafieber. Sie können nicht genug kriegen von "Träumchen" und "Schätzchen". Dabei kommen Liebhaber wilder Tiere schon auf den Straßen Berlins auf ihre Kosten, meint unser Kolumnist Gero Schließ.

Deutschland | Pandas Meng Meng und Jiao Qing landen in Berlin
Bild: Getty Images/M. Tantussi

Sie reisen First Class an, werden von der Kanzlerin mit einem Staatsakt geehrt und haben ihre eigenen Pfleger mitgebracht: So ist das, wenn das dienstälteste Königspaar der Welt auf Staatsbesuch geht: Queen Elisabeth und Prinz Philip. Aber sorry, in einer anderen Kolumne gerne mehr über das englische Königshaus. Versprochen.

Wer jetzt so königlich in Berlin eingeflogen kam, das war ein anderes hohes Paar. Ein Paar mit - nun ja - einem deutlich höheren Kuschelfaktor: die Pandas "Schätzchen" und "Täumchen". Genau genommen sind sie zu Besuch hier. Für 15 Jahre. Als Ausleihe des chinesischen Staatspräsidenten, der dann auch zum Staatsakt nach Berlin anreist. (Vielleicht dann auch mit Pfleger, wer weiß…) 

Wildes Rascheln im Blätterwald

Hoher Kuschelfaktor: Jiao Qing oder auf Deutsch "Schätzchen". Bild: picture-alliance/dpa-Zentralbild/R. Hirschberger

Was Schätzchen und Träumchen mit den königlichen Veteranen aus dem Buckingham Palast dann doch verbindet: Die bunten Blätter können ihre Tinte kaum halten. Es wird diskutiert, fabuliert, geschrieben und gepostet. Twitter läuft heiß und mancher, wie Berlins Kultursenator Lederer, sieht in der Tsunamiwelle von Panda-Tweeds sogar einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil auf der Jagd nach Followern.

Eins steht fest: Der Berliner liebt die Pandas. Und er liebt überhaupt alle Tiere. Aber die Tiere lieben auch Berlin. Und wie! Küchenschaben, Mäuse und Ratten. Sie gehören längst zur "lieb gewordenen"  Grundausstattung eines jeden Berliner Haushalts. Seit einiger Zeit sind jetzt aber auch die wilderen Artgenossen dazugekommen.

Und die verbreiten Schrecken. Ganz persönlich: Neulich nachts, auf dem Nachhauseweg mit dem Fahrrad, huschte ein Fuchs aus dem Gebüsch und starrte mich an. Ich erschrak. Das Tier machte einen traumatisierten Eindruck. Sofort befielen mich Schuldgefühle.

Unheimliche Begegnung mit dem Stadtfuchs. Bild: picture-alliance/J. Carstensen

Was ich damals nicht wusste: Der arme Fuchs war nur die Vorhut einer ganzen Armada von wildem Getier in Berlin. Da bekommt das Wort vom Großstadt-Dschungel eine völlig neue Bedeutung.

Ich habe mal gegoogelt: In Berlin gedeihen alle Arten von Füchsen prächtig. Mit einer Ausnahme: Der Sparfuchs ist in Zeiten der üppigen Haushaltsüberschüsse eine bedrohte Spezies.

Hauptstadt der Wildschweine

Berlin ist aber auch eine begehrte Adresse für Wildschweine. Die Kollegen der ARD-Sendung "Planet Wissen" mochten den Berlinern vielleicht nur schmeicheln: Aber sie ernannten Berlin zur "Hauptstadt der Wildschweine".

Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Berliner Laubenpieper auf die Hauptstadtehren nicht so scharf sind. Ihre Schrebergärten sind bevorzugtes Besuchsprogramm der niedlichen Allesfresser. Und die können richtig treu sein. Wiederholungstäter eben.

Berlin gilt als Hauptstadt der Wildschweine.Bild: picture-alliance/G. Fischer

Tja verehrte Berliner: Das wilde Schwein liebt eure Stadt. Die Erklärung ist einfach: Nachdem sich die natürlichen Lebensräume durch Bebauung und anderen zivilisatorischen Wahnsinn verkleinern, ist die Berliner Großstadtwildnis zur idealen Zufluchtsstätte geworden. Denn hier gibt es im Überfluss, was woanders knapp wird: Rückzugsräume wie Brachen und Ödland – hier in Berlin auch Baustellen genannt. Leider wurde zwei Wildschweinen die durchaus nachvollziehbare Verwechslung des Alexanderplatzes mit einer Baustelle zum Verhängnis. Sie wurden erschossen. 

Der europäische Biber hat daraus seine Lehren gezogen. Ihn zieht es in grüne Berliner Stadtteile wie Treptow. Dort ist er aus dem Stadtbild gar nicht mehr wegzudenken, lese ich auf der offiziellen Tourismus-Website Berlin.de.

Aber auch viele andere Tiere, wie Rehe und Waschbären, fühlen sich in Berlin sauwohl.

Berlin entwirft Formular für Wildtiere

Kolumnist Gero Schließ findet nicht jedes Wildtier süß

Das ist am Ende auch der Berliner Senatsverwaltung aufgefallen. Die hat dann so reagiert, wie es sich für Berlin gehört und erst mal ein Formular erfunden. Mit Hilfe dessen sollen die Berliner ihrer Verwaltung umgehend jede "Wildtiersichtung" melden.

Zu melden gäbe es genug: Insgesamt 53 Säugetier- und 180 Vogelarten sind in Berlin registriert. Bei soviel Freiwild in der Stadt stellt sich am Ende dann doch die Frage: Braucht Berlin überhaupt noch einen Zoo? Sorry, Schätzchen und Träumchen, euch hatte ich jetzt ganz vergessen.

 

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