1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Österreich macht sich zum Gespött

DW Kommentarbild - Bayerischer Rundfunk Stephan Ozsvath
Stephan Ozsváth
13. September 2016

Bis der neue österreichische Bundespräsident fest steht, dauert es nun noch länger als gedacht: Die Wiederholung der Wahl musste abgesagt werden. Das Durcheinander hat einen einzigen Nutznießer, meint Stephan Ozsváth.

Die Wiener Hofburg - Amtssitz des österreichischen BundespräsidentenBild: picture-alliance/akg

Im Netz kursieren schon die Bundespräsidenten-Gags, T-Shirts mit dem Aufdruck "Bundespräsidentenwahl 2016 bis 2019 - Ich war dabei" werden zum Kauf angeboten. Darüber kann man schmunzeln, aber das Lachen bleibt einem bei genauer Betrachtung im Halse stecken.

Die FPÖ brachte den Stein ins Rollen

Erst war es die FPÖ, die mit einer immerhin begründeten Anfechtung einen neuen Wahlgang einklagte und damit eine neue Chance für ihren Kandidaten Norbert Hofer. Dahinter steckte zwar ein taktisches Manöver, aber das war wenigstens noch nachvollziehbar. Schließlich waren ja reale Pannen passiert. Der FPÖ-Vorstoß, die Briefwahl am besten doch gleich ganz abzuschaffen, lässt sich noch unter Chuzpe verbuchen. Ein durchsichtiger Vorschlag - konnten doch die Rechtspopulisten bisher bei den Briefwählern nicht punkten. Sind die weg, nützt es also der FPÖ.

Immerhin - das war noch Politik. Aber was wir jetzt erleben, vor den Augen der Weltöffentlichkeit, ist die Verzwergung Österreichs: Das höchste Staatsamt ist auf die Größe eines Klebestifts geschrumpft. Der Auftritt eines sichtlich überforderten Wiener Innenministers, der nicht weiß, dass es schon bei der Landtagswahl in Oberösterreich Probleme mit dem Kleber der Wahlkuverts gab. Und als Sahnehäuchen schwadroniert ein BKA-Chef über die Herkunft des Klebers - der komme aus Deutschland. Merke: Die Piefkes sind schuld, wenn Wahlen in Österreich nicht klappen. Willkommen in Absurdistan!

Stephan Ozsváth ist Korrespondent im ARD-Studio WienBild: BR/Julia Müller

Ein Hoch auf den Wähler in Österreich, der da noch tapfer abstimmen gehen will - trotz aller Widrigkeiten. Das alles wird am Ende der FPÖ nützen, die seit Jahr und Tag das Versagen der etablierten Parteien anprangert. Deutlicher als mit dieser Wahlposse kann man kaum demonstrieren, wie der Polit-Apparat in Österreich versagt.

Die permanente Wahl in Österreich

Müssen die mittlerweile verstorbenen Wähler aus den Verzeichnissen gestrichen werden? Müssen dafür nicht die wählen dürfen, die seit der Stichwahl das gesetzliche Wahlalter von 16 Jahren erreicht haben? Fragen, die sich gar nicht stellen würden, wenn gleich von Anfang an sauber abgestimmt worden wäre. Aus einer Abstimmung, einem Kreuz im Kalender, einem Kreuz auf dem Wahlzettel ist inzwischen ein Kontinuum geworden - auch das nützt der FPÖ, denn der Wahlkampf wird so verstetigt. Von der Erregungskurve aber leben Rechtspopulisten wie die FPÖ.

Tapfer der Kandidat, der da noch gute Miene zum bösen Spiel macht und gegen Hofer antreten will - komme was wolle. Man könnte schon meinen, es ist fast egal, wie die Wahl ausgeht - der Schaden ist bereits immens. Dabei geht es auch anders, das machen die Esten seit Jahren erfolgreich vor: Sie setzen auf E-Voting. Da muss man nichts kleben. Mausklick und fertig. Mehr Esten wählen seitdem. Noch Fragen?

Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen