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Überzogenes Spiel

Rolf Wenkel20. Oktober 2014

Lokführer der Bahn und Lufthansa-Piloten spielen Ping-Pong: Kaum arbeitet die eine Gruppe wieder, beginnt die andere mit dem nächsten Streik. Rolf Wenkel ärgert sich über die Macht der kleinen Spartengewerkschaften.

Streik Lokführer 18.10.2014
Bild: picture-alliance/dpa/T. Hase

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer gönnt den Bürgern ihren Herbsturlaub nicht. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie für ihren Streik ausgerechnet das Wochenende aussuchte, an dem in neun Bundesländern die Schulferien entweder begannen oder endeten. Die wenigen Züge, die verkehrten, konnten nur deshalb Fahrt aufnehmen, weil die Bahn noch einige ältere Lokführer in ihren Reihen hat, die Beamte sind, und deshalb nicht streiken dürfen. Selbst eingefleischte Verfechter der Liberalisierung und Privatisierung ertappen sich an solchen Tagen bei dem Gedanken, dass zu den alten Zeiten der Staatsbahn doch nicht alles so schlecht war.

Ich habe nichts gegen Lokomotivführer, sie machen einen verantwortungsvollen Job. Genauso wie die Piloten, die in der Vereinigung Cockpit zusammengeschlossen sind. Oder die Klinikärzte beim Marburger Bund. Oder die Fluglotsen. Oder die Flugbegleiter. Oder die Stellwerker bei der Eisenbahn. Ich habe nur etwas dagegen, dass diese kleinen Gruppen ihre Schlüsselstellung schamlos ausnutzen, um sich Privilegien zu erpressen, die andere nicht bekommen.

Ein Betrieb - eine Gewerkschaft?

Früher galt in Deutschland das Prinzip "ein Betrieb, eine Gewerkschaft". Damals haben wir belustigt auf das England der Vor-Thatcher-Zeit geguckt und gelächelt, wenn auf der Elektrolok ein Heizer mitfahren musste, weil die Gewerkschaft es wollte. Ein Betrieb, eine Gewerkschaft, das hat durchaus einen Sinn: Es vereinfacht die Tarifverhandlungen und führt zu moderaten Produktionsausfällen, wenn überhaupt einmal gestreikt wird.

Nun aber scheint Deutschland zur Streikrepublik Deutschland zu werden. Kleine Gruppen haben erkannt, dass sie mit relativ wenigen Mitteln das halbe Land lahmlegen können. Und zwar aus völlig egoistischen Motiven. So wollen die Piloten ihren Renteneintritt mit 59 Jahren und einer üppigen Übergangsversorgung mit allen Mitteln verteidigen - welche andere Berufsgruppe hat so ein Privileg? Nebenbei: Sie fügen ihrem Arbeitgeber mal eben an einem Tag einen Verlust von 70 Millionen Euro zu.

DW-Redakteur Rolf WenkelBild: DW

Die Axt an den Wurzeln der Tarifautonomie

Eine Spartengewerkschaft ist für mich nichts anderes als ein Haufen egoistischer Parasiten. Sie treibt einen Spaltpilz in die Belegschaft der großen Branchengewerkschaften und legt die Axt an die Wurzeln der Tarifautonomie.

Es mag eine Ironie der Geschichte sein, dass nun ausgerechnet eine sozialdemokratische Bundesarbeitsministerin einen Gesetzentwurf bastelt, wie die Streikrepublik Deutschland wieder in geordnete Bahnen zurück findet. Aber Lokführer und Piloten haben sich das selbst eingebrockt und den Bogen überspannt: Bisher acht Streiks der Flugzeugführer und fünf der Lokomotivführer allein im laufenden Jahr 2014 - das ist für eine mobile Gesellschaft einfach zu viel!

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