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Eine Frage des Wollens

Kommentarbild Sonya Diehn
Sonya Angelica Diehn
8. Oktober 2018

Es ist noch nicht zu spät, die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Es braucht dafür allein eine verantwortliche Politik und die Bereitschaft zum Verzicht von uns allen, meint Sonya Diehn.

Bild: picture-alliance/dpa

Ein halbes Grad macht einen riesigen Unterschied. Das macht der gerade veröffentlichte Bericht des Weltklimarates eindeutig klar. Wir haben seit Beginn der Industrialisierung die Welt bereits um ein Grad aufgeheizt. Das Resultat? Ein Desaster! Unsere Korallenriffe sterben, die Meeresspiegel steigen, Tierarten sterben aus und Extremwetterphänomene nehmen zu.

Praktisch alle Länder der Welt haben sich 2015 in Paris darauf geeinigt, die menschengemachte Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, besser noch auf 1,5 Grad. Der neue Bericht - Ergebnis jahrelanger Arbeit der UN-Wissenschaftler - skizziert ein 1,5-Grad-Szenario, in dem wir die Korallenriffe noch retten könnten. Die Arktis wäre dann nur einen Sommer pro Jahrhundert eisfrei - anstatt alle zehn Jahre. Die Meeresspiegel würden bis 2100 um zehn Zentimeter weniger steigen. Auch bei Häufigkeit und Stärke von Extremwetter wären 1,5 Grad ein enormer Unterschied. Hitzewellen, wie sie in diesem Sommer die Nordhalbkugel geröstet haben, müssten nicht zur Norm werden.

Kurz gesagt: Das System Erde, in und von dem wir leben, bliebe bei 1,5 Grad Erwärmung noch weitgehend so erhalten, wie wir es kennen. Bei zwei Grad ist das allerdings nicht so sicher. Was also können wir tun?

Wie wir die Erderwärmung noch einschränken können

Soya Diehn leitet die Umweltredaktion der DW

Der Bericht des Weltklimarat beschreibt sehr klar die notwendigen Schritte, um bei 1,5 Grad Erwärmung zu bleiben. Sie machen einen massiven Wandel notwendig: Wir müssten unseren CO2-Ausstoß im kommenden Jahrzehnt fast halbieren - weltweit. Bis Mitte des Jahrhunderts müssten wir klimaneutral leben - also zumindest alle ausgestoßenen Treibhausgase an anderer Stelle kompensieren.

Unsere Energie müssten wir schon bald nur noch aus erneuerbaren Energien beziehen und am besten fossile Brennstoffe - besonders die "schmutzigsten" wie Kohle - ganz in der Erde lassen. Den Verkehr müssten wir auf Elektroantriebe umstellen - natürlich betrieben aus erneuerbaren Energiequellen. Landwirtschaftliche Flächen müssten wir deutlich effizienter nutzen und ebenso müsste der Gebäude- und Städtebau energieeffizienter werden. Und natürlich müssten wir unsere Lebensweise ändern, vor allem weniger konsumieren und wegwerfen - besonders in den industrialisierten Ländern.

All das ist möglich und der Bericht skizziert dafür einen Fahrplan. Die Frage ist also nicht: Können wir die Erderwärmung unter 1,5 Grad halten? Die Frage ist: Wollen wir es?

Macht uns der Klimawandel krank?

02:25

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Wollen ist nicht Machen

Einfach wird das nicht. Denn die Politik hinkt der Wissenschaft hinterher: Unsere Regierungen legen einen erbärmlichen Mangel an Tatendrang an den Tag, wenn es um den Klimawandel geht. Und es gibt darüber hinaus einen verstörenden Trend, Rechtspopulisten an die Macht zu wählen: Leugner des Klimawandels sitzen heute in den Kabinetten der mächtigsten Länder der Welt.

Ohne dass sich die Massen erheben - so glauben manche - wird es nicht gelingen, klimafreundliche Politiker ins Amt zu heben, gewählte Vertreter zu verantwortungsvoller Politik zu bewegen, die Energie-Lobby zu entmachten und Firmen unter Druck zu setzen, sich aus klimabelastenden Geschäften zurückzuziehen. Und natürlich müssen wir selbst Verzicht üben: weniger Flugreisen, ein kleineres Auto, weniger Fleisch essen.

Aber haben wir - bei Licht betrachtet - überhaupt eine Wahl? Wollen Sie, dass Millionen von Menschen ihr Heim und ihre Lebensgrundlage verlieren? Sind Sie und Ihre Familie bereit, Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Überschwemmungen auf Dauer zu ertragen? Wollen Sie wirklich auf's Spiel setzen, dass Sie in Zukunft genug zu Essen haben? Wenn Ihnen die Zukunft auch nur ein wenig am Herzen liegt, dann sollten Sie bereit sein, einige Opfer zu bringen und Politiker zur Übernahme ihrer Verantwortung zu zwingen. Sind Sie das?

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