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Politik

AfD: Schwenk zum Autoritären wäre folgerichtig

Scholz Kay-Alexander Kommentarbild App
Kay-Alexander Scholz
3. Dezember 2017

Die AfD ist, obwohl es oberflächlich so scheint, in keinem guten Zustand, findet Kay-Alexander Scholz. Doch vielleicht ist gerade das eine ganz normale Entwicklungsstufe einer populistischen Partei.

Bild: picture-alliance/dpa/P. von Ditfurth/dpa

Was passiert eigentlich mit der AfD, wenn Angela Merkel nicht mehr im Amt ist? Bislang ist der Hass auf die Kanzlerin der kleinste gemeinsame Nenner der deutschen Rechtspopulisten. Wenn dann auch noch die Zahl der Flüchtlinge weiter abnimmt, statt zu steigen, und wenn die Wirtschaft in der Europäischen Union nicht kollabiert, dann brauchen die Populisten neues Futter.

Der Mann in der AfD, der schon jetzt an übermorgen denkt, ist Björn Höcke. Er sei ein strategischer Visionär, sagt er von sich selbst. Statt sich - wie andere es tun - darüber zu zerfleischen, ob man nun liberal oder konservativ oder national ist, kreiert er lieber einen eigenen Begriff, nämlich "sozial-patriotisch". Womit Höcke die AfD da genau füttern möchte, scheint noch nicht ganz ausdiskutiert zu sein. Doch tauchte der Begriff schon mal in verschiedenen Reden beim neunten Bundesparteitag der AfD in Hannover auf: "sozial" im Sinne von ran ans Erbe der Sozialdemokraten, der Partei der "kleinen Leute", "patriotisch" im Sinne von "Wir sind die Retter der Kulturnation Deutschland".

Doch Parallelen zum Begriff "national-sozialistisch" drängen sich auf. Es wäre nicht die erste Nähe zum Dritten Reich, die Höcke antriggert.

Höckes Einflusssphären nehmen zu

Doch noch scheint Höckes Zeit nicht gekommen. Er bleibt erst einmal "nur" ein Landesfürst. Einen Platz im 13-köpfigen AfD Bundesvorstand, der in Hannover neu gewählt wurde und für den sich dutzende Kandidaten meldeten, hat er weiterhin nicht. Und er wollte auch selber keinen haben. Dafür sitzen aber dort jetzt einige Unterstützer seines "Flügels", wie die AfDler Höckes Teil der Partei nennen. Die Parteispitze gehört wohl auch zu seinen "Freunden".

Bei den fast 600 Parteitagsdelegierten ist sein Einfluss auf jeden Fall größer geworden, wie sich aus den verschiedenen Abstimmungsergebnissen zusammenreimen lässt. Aktuell sind es eher 40 bis 50 Prozent und nicht mehr nur ein Drittel wie zuvor, die mit ihm sympathisieren.

Doch Zahlen sind nicht alles. Qualitativ gesehen scheint Höcke schon gewonnen zu haben. Denn der Tonfall erstaunlich vieler Bewerberreden war Höcke-like. Das heißt, selbst ansonsten eher Gemäßigte schlugen einen tendenziell aggressiven Ton an - wohl, um so die Stimmung der Mehrheit im Saal zu treffen.

Aggressiv auch nach innen

Die Stimmung war, obwohl die AfD inzwischen auf Erfolgskurs ist, wenig happy: gegenseitiges Beäugen unter den Alpha-Männchen im Saal und auf den Gängen, aufs Fertigmachen angelegte Fragen an die Kandidaten, keine gemeinsame Delegiertenparty am Ende des ersten Tages. Das lag wohl nicht nur an den Wahlen.

Einige Landesverbände seien, so war zu hören, total zerstritten. Ein Grund ist die Frage, wie schnell man "normal" werden will. Das heißt, wie schnell die AfD eine Koalition mit einer anderen Partei eingehen könnte. Die einen suchen die Schnellstraße hin zur politischen Verantwortung, die anderen wollen langfristiger vorgehen und darauf warten, die Nummer eins zu werden.

Bild: picture-alliance/dpa/P. von Ditfurth

In Hannover war zu spüren, dass diese Gemengelage die Partei in ihrer Stabilität bedroht. Zwar sind die Kämpfe der verschiedenen Strömungen nicht neu. Aber man fragt sich, wie diese verschiedenen Köpfe eigentlich - wann auch immer - zusammen Politik machen wollen, wenn sie sich so gar nicht ausstehen können. Eine Befriedung über quotenmäßige Machtverteilung scheint immer schwieriger zu werden, weil es an Akzeptanz für den Gegner mangelt. Nichtpopulistische Parteien, die auch nach innen demokratischer ticken, haben es da leichter. Bislang gab es zwei Abspaltungen, die Lagerkonflikte lösten oder zumindest auslagerten. Zuletzt verließ deshalb Frauke Petry die AfD, so wie es ihr Vorgänger an der Parteispitze, Bernd Lucke, auch getan hatte. Doch eine solche Häutung kann nicht x-mal wiederholt werden.

Sehnsucht nach dem großen Bestimmer

In populistischen Parteien anderer Länder gibt es klare Führungsfiguren an der Spitze. Die haben manchmal so viel Macht, dass sie autoritäre Züge tragen. In Polen ist es so, in Russland und in Italien auch. Populismus und Autoritarismus sind Verwandte. An der AfD lässt sich derzeit studieren, wie aus dem einen das andere erwachsen kann, um nicht zerrissen zu werden.

Frauke Petry hat das vergeblich eine ganze Zeit lang versucht, so wie Lucke zuvor auch. Nun ist es Alexander Gauland, der viel Macht auf sich vereint. Er ist Co-Chef der Bundestagsfraktion und Co-Chef der Bundespartei. Doch ist er auch schon 76 Jahre alt.

Höcke sieht sich mittelfristig wohl als Nachfolger. Doch ist ein Stratege, wie er einer ist, nicht automatisch auch derjenige, der einen Laden wie diesen zusammenhalten kann. Dazu braucht es vielseitige Führungsqualitäten. Die anderen müssen auch folgen wollen, sonst wird das alles nichts.

Sehnsucht nach Autorität in der AfD? In Hannover waren auffällig viele ehemalige Offiziere der Bundeswehr an den Mikrofonen zu hören. Also Menschen, die in der Regel klare Befehlsketten lieben. Auch gab es die Überlegung, die bisherige Doppelspitze durch eine Einerspitze abzulösen. Das misslang zwar, aber es zeigt doch, dass der Wunsch nach einer "starken Hand" da ist.

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