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Politik

Mueller 2.0

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Oliver Sallet
25. September 2019

Verfassungsbruch oder Hexenjagd? Wie beim Bericht zur Russlandaffäre kämpfen Demokraten und Republikaner um die Auslegung dessen, was Donald Trump getan hat. Doch diesmal ist die Beweislage klarer, meint Oliver Sallet.

Drückende Beweislast: Nancy Pelosi wirft Präsident Trump Verfassungsbruch vor.

So deutlich war sie noch nie: Präsident Trump habe die Verfassung der Vereinigten Staaten gebrochen, sagt Nancy Pelosi. Und dieses Mal ist sich die Sprecherin des Repräsentantenhauses sicher, obwohl sie monatelang gewarnt hat, es brauche handfeste Beweise für ein Amtsenthebungsverfahren. Was jetzt folgt, ist Mueller 2.0: ein zermürbender Kampf um die Deutungshoheit eines Telefonats mit größter politischer Sprengkraft.

Das Risiko für die Demokraten ist groß

Doch Mueller 2.0 könnte auch eine zweite Chance sein für die Demokraten. Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs gegen Präsident Trump lässt sich dieses Mal nicht so leicht abstreiten und mit der üblichen "Hexenjagd-Rhetorik" entkräften. Trump selbst hat vor Reportern zugegeben, dass er belastendes Material gegen den Sohn seines Kontrahenten Joe Biden gesucht habe. Und das Manuskript des Telefonats liest sich ganz eindeutig: Trump hat einen ausländischen Regierungschef um Ermittlungen gegen seinen politischen Gegner gebeten – das ist Amtsmissbrauch.

Oliver Sallet ist DW-Korrespondent in WashingtonBild: DW

Doch Präsident Trump beharrt unbeirrt auf seiner Sicht der Dinge. An seinem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sei nichts Anrüchiges gewesen. Er weiß: Bislang prallten alle Vorwürfe der Demokraten und des Sonderermittlers Robert Mueller an ihm ab. Die Demokraten glauben, das könnte sich jetzt ändern.

Klar ist: Das Risiko für die Demokraten ist groß. Wie schon nach der Veröffentlichung des Berichts von Sonderermittler Robert Mueller versucht Präsident Trump, die Ermittlungen zu einem Amtsenthebungsverfahren als verzweifelten Versuch der Demokraten zu brandmarken, ihn vom Thron zu stoßen. Und auf Twitter wähnt er sich siegessicher: Ein Amtsenthebungsverfahren werde ihm die Wiederwahl sichern.

Schlechte Umfragewerte für Trump

Doch tatsächlich macht das Protokoll des Telefonats mit dem ukrainischen Präsidenten deutlich, das Trump dieses Mal zu weit gegangen ist. Die Ermittlungen werden sich aber nicht nur darauf konzentrieren, sondern auch die Vorwürfe aus dem Mueller-Bericht, etwa Justizbehinderung, ein Mal mehr in die Öffentlichkeit bringen.

Zwar ist eine Mehrheit der Amerikaner zum jetzigen Zeitpunkt gegen ein Amtsenthebungsverfahren. Aber klar ist auch: Schon jetzt verliert Donald Trump bei den Umfragewerten im Direktvergleich gegen die meisten Bewerber der Demokraten – gegen Joe Biden, der die Beliebtheitsskala anführt, sogar deutlich.

Das Amtsenthebungsverfahren gewinnen können die Demokraten dank der republikanischen Mehrheit im Senat nicht – am Ende wird wohl eine deutliche Niederlage stehen. Aber das müssen sie auch nicht: Ein Amtsenthebungsverfahren wird Donald Trump kaum zu einem beliebteren Präsidenten machen.

Ja, es ist ein Abnutzungskampf. Aber einer, der auf lange Sicht den Demokraten nutzen wird. Denn ein Jahr vor den Wahlen ist es Donald Trump, der sich selbst immer mehr abnutzt: nicht nur durch den Mueller-Bericht und das Ukraine-Telefonat. Die drohende Rezession in den Vereinigten Staaten würde ihn genau da treffen, wo er am verwundbarsten ist – und einem alten Wahlkampf-Slogan der Demokraten neue Relevanz verleihen: It’s the economy, stupid!

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