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Kommentar: Ansprüche an die UN herunterschrauben

Klaus Dahmann24. Oktober 2005

Der erste Satz der Präambel der Vereinten Nationen ist symptomatisch für die Widersprüche, unter denen die UNO seit ihrer Gründung leidet. Klaus Dahmann kommentiert.

"Wir, die Völker der Vereinten Nationen ..." - mit diesen Worten beginnt die Präambel der UN-Charta. Das klingt schön, ist aber pure Schönfärberei. Denn tatsächlich bestimmen Regierungen das Wohl und Wehe der Weltorganisation. Regierungen, von denen nur ein Teil demokratischem Wege gewählt wurde.

Diktatorische Regime fanden und finden sich selbst unter den Mächtigsten - den fünf ständigen Sicherheitsratsmitgliedern, die mit ihrem Vetorecht die UNO zu Untätigkeit verdammen können. Und selbst vom Volke frei gewählte Regierungen sprechen im Sicherheitsrat nicht immer das aus, was ihr Volk will: Man erinnere das "Ja" von Tony Blair und José María Aznar zum Irak-Krieg, während die Mehrheit der Briten und Spanier vehement dagegen waren.

Nicht immer erfolgreich

Während des Kalten Krieges hat der Sicherheitsrat selten die Aufgabe erfüllen können für Frieden und Sicherheit in der Welt zu sorgen. Zwar haben Blauhelme sehr oft bei der Befriedung von Regionen nach einem bewaffneten Konflikt eine positive Rolle gespielt. Aber eben erst nachdem Konflikte bereits eskaliert waren. Den Ausbruch von Kriegen konnte die UNO in den meisten Fällen nicht verhindern, weder in Korea noch in Vietnam. In Ruanda fand der Völkermord vor den Augen der Welt statt. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts Ende der 1980er Jahre tendiert zwar die Zahl der Vetos im Sicherheitsrat gegen Null. Aber das jüngste Beispiel Irak zeigt, dass das höchste UN-Gremium nur unter Zustimmung aller ständigen Mitglieder einen Waffengang verhindern kann.

Wenn es nach dem Willen Kofi Annans gegangen wäre, hätten die Vereinten Nationen im 60. Jahr ihres Bestehens eine Reform beschlossen, die die Organisation einen großen Schritt in Richtung 21. Jahrhundert vorangebracht hätte. Doch die Agenda des Generalsekretärs ist beim UN-Gipfel Mitte September gründlich verwässert worden: Sie haben erneut Ja zu den Millenniumszielen gesagt - wer will schon gegen Armuts- und Seuchenbekämpfung sein? - aber bei der Finanzierung der Entwicklungshilfe haben sie wieder einmal nur größtmögliche Unverbindlichkeit vereinbart. Die Sicherheitsratsreform ist mangels Einigkeit auf die lange Bank geschoben worden. Und um die seit langem diskutierte Definition, was als Terrorismus zu bezeichnen ist, hat man einen großen Bogen gemacht. Hier hat sich wieder einmal gezeigt, wie schwierig es ist, Einigung über die Zukunft der UNO zu erzielen. Wer von einer handlungsfähigen Weltregierung träumt, kann von den Vereinten Nationen nur enttäuscht werden.

Realistisch sein

Eine bescheidenere Sicht der Dinge käme der Wirklichkeit näher. Es gibt nämlich Bereiche, in denen die Vereinten Nationen bereits viel leisten: Mit der Menschrechts-Charta, den zahlreichen Unterorganisationen wie dem Kinderhilfswerk (UNICEF) und den internationalen Gerichtshöfen, hat die Weltorganisation wichtige Meilensteine gesetzt.

Mehrfach haben UN-Institutionen - und das zu Recht - Friedensnobelpreise erhalten. In diesem Jahr erhielt die Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) und ihr Chef Mohammed El-Baradei diesen Preis. In Fragen des Weltfriedens hingegen sind die Vereinten Nationen in erster Linie ein Forum zum Meinungsaustausch und in bestimmten Fällen werden dort konkrete Friedensmaßnahmen beschlossen. Aber letztlich sind nicht die UN dafür verantwortlich, dass Frieden in der Welt herrscht, sondern alle 191 Mitgliedstaaten.

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