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Kommentar: Befreiungsschlag im Bankenviertel

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Henrik Böhme
7. Juni 2015

Bankenbeben in Frankfurt: Die Doppelspitze der Deutschen Bank wirft das Handtuch. Das kommt nicht wirklich überraschend und war überfällig, meint Henrik Böhme. Der Druck war einfach zu groß.

Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Vielleicht hatten Anshu Jain und Jürgen Fitschen gehofft, dass ein mediales Großereignis wie der gerade im bayerischen Elmau laufende G7-Gipfel der Nachricht des Sonntags ein bisschen was von ihrer Schockwirkung nehmen würde. Aber wenn das der Plan war, dann ist er definitiv nicht aufgegangen. Denn natürlich ist es ein Donnerschlag, wenn die beiden Chefs von Deutschlands größter Bank den Hut nehmen. Und zwar nicht freiwillig, sondern weil sie nicht in der Lage waren, die Deutsche Bank wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen.

Am Ende waren der Druck und die Unzufriedenheit der Aktionäre zu groß. Schon auf der Hauptversammlung vor zweieinhalb Wochen wurde die Führungsspitze von den Anteilseignern abgestraft: Nur etwas mehr als 60 Prozent stimmten für die Entlastung von Jain und Fitschen - normal sind auf deutschen Hauptversammlungen mindestens 95 Prozent Zustimmung. Dann tauchte ein paar Tage später in der Kantine des Geldhauses in Frankfurt ein Flugblatt des Personalrates auf. Dort forderte man mit einem Wortspiel nach dem "Wind of Change? Wind of Jain?" mehr oder weniger direkt den Rücktritt von Anshu Jain.

Henrik Böhme, DW WirtschaftsredaktionBild: DW

Jains Rolle

Der 52-Jährige mit indischen Wurzeln gilt vielen Kritikern als Kern des Übels. Er leitete über viele Jahre mit großem Erfolg das Investmentbanking der Deutschen Bank, angesiedelt in London. Die Boys aus der City fühlten sich vor der Finanzkrise als die Coolsten von allen, als "Masters of the Universe". Und die Boys von Jains Army drehten ein ganz besonders großes Rad. Als das Weltfinanzsystem schließlich kurz vor dem Kollaps stand und etliche Banken mit Steuermilliarden vor dem Zusammenbruch gerettet werden mussten, brüstete sich Jains damaliger Chef, ein gewisser Josef Ackermann damit, dass er kein Staatsgeld annehmen werde, weil er es nicht brauche. Die Geldmaschine Jain hatte reichlich davon geliefert.

Den Preis dafür zahlt die Bank heute. Rund 6000 Verfahren hatte sie zeitweilig am Hals, der Gewinn wird regelmäßig von Strafzahlungen, Prozesskosten und Vergleichen aufgefressen. Als Jain gemeinsam mit Jürgen Fitschen im Sommer 2012 das Ruder von Josef Ackermann übernahmen, schwante so manchem nichts Gutes. Übernimmt jetzt das Schlitzohr Jain - und Fitschen dient neben ihm nur als Alibi-Co-Chef für das 'Deutsche' im Banknamen? Und während sich andere Banken fleißig ans aufräumen machten und neue Strategien ausbrüteten, machten sie in Frankfurt einfach weiter wie bisher. Zwar verordnete man sich einen Kulturwandel, doch Ergebnisse sind bis heute kaum sichtbar. Schließlich präsentierte das Duo vor einigen Wochen nach zähem Ringen eine neue Strategie: Doch auch da fiel das Urteil der Analysten und Aktionäre vernichtend aus: Zu wenig, zu mutlos. Der Aktienkurs rutschte immer weiter in den Keller, die Bank ist an der Börse weniger wert als sie an Vermögen in den Büchern stehen hat. Ein Trauerspiel.

Herkulesaufgabe für den Neuen

Auf einer der letzten Pressekonferenzen wurde Anshu Jain gefragt, warum er nicht die Konsequenzen aus den zahlreichen Verfehlungen zu ziehen bereit sei, die er offenbar zu verantworten hatte in seiner Londoner Zeit. Jains Antwort: Ja, er sei der Anführer gewesen, aber das Beste, was er jetzt tun könne, sei, die Verantwortung zu übernehmen, dass sich so etwas nicht wiederhole. Das war die falsche Antwort. Die richtige hat er heute gegeben und seinen Rücktritt verkündet.

Freilich reißt er nun Jürgen Fitschen mit den Abgrund. Das muss und wird die Bank verschmerzen. Der neue Mann an der Spitze, John Cryan, steht vor einer Herkulesaufgabe, um die er nicht zu beneiden ist. Er muss Deutschlands einziges Geldhaus von internationalem Rang wieder auf Kurs bringen. Er muss radikale Entscheidungen treffen. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht.

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