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Politik

Bittere Lektion in Mazedonien

1. Oktober 2018

Die niedrige Wahlbeteiligung beim Referendum in Mazedonien ist ein schlechter Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung des Landes. Auch der Westen hat durch sein Zögern zum Ergebnis beigetragen, meint Adelheid Feilcke.

Bild: DW/B. Georgievski

Auch wenn sein Ergebnis nicht bindend ist, ist das klare Scheitern des Referendums in Mazedonien bitter für viele: für die Regierung in Skopje, für die Regierung in Athen, für die Unterstützer in der EU, der NATO und in der Region.

Noch ist nichts verloren, aber das Resultat der Volksabstimmung verdeutlicht ein Stimmungsbild in der Bevölkerung, das zu denken gibt. Auch wenn 90 Prozent derjenigen, die zur Wahl gingen, mit Ja gestimmt haben - so wie es nun manche sich schön zu reden versuchen - hat die große Mehrheit geschwiegen oder die Abstimmung sogar aktiv boykottiert.

Warnsignal an alle Beteiligten

Damit fehlt die erhoffte breite Zustimmung für einen Prozess, der drei Zukunftsfragen klar miteinander verbunden hatte: das Namensabkommen mit Griechenland, die Integration des Balkanstaates in die EU und die NATO. Und so ist das Scheitern des Referendums auch ein Warnsignal nicht nur für die Entwicklung im Land selbst, sondern auch für zukünftige geopolitische Ausrichtung des Balkanstaats.

Adelheid Feilcke, Leiterin der DW-Europaredaktion

Trotz massiver Unterstützung durch hochrangige Politiker wie Kanzlerin Angela Merkel, EU-Ratspräsident Sebastian Kurz, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg war es Ministerpräsident Zoran Zaev und seiner Regierung in den vergangenen Wochen nicht gelungen, die Bevölkerung ausreichend zu mobilisieren und von den Vorteilen des Deals zu überzeugen. Zu emotional und zu rigoros ist der Widerstand der Gegner, die teils die Regierung abstrafen, teils nur die Namensänderung Mazedoniens in Nordmazedonien nicht hinnehmen wollen.

Verlorene Jahrzehnte

Der massive Boykott des Referendums zeigt die tiefe politische Spaltung der mazedonischen Gesellschaft und eine große Verunsicherung in Fragen der nationalen und europäischen Identität: Das Kalkül, die nationalen Empfindungen zugunsten einer europäischen Perspektive zu verringern, ist nicht aufgegangen. Im Gegenteil: Die hoch emotionale Auseinandersetzung um die Namensfrage wird zu Frage der mazedonischen Nation und Identität stilisiert.

Jetzt rächen sich die verlorenen Jahrzehnte, in denen innerhalb des Landes und international viel zu wenig unternommen wurde, den Streit um den Namen Mazedonien und das Erbe des antiken Großreichs zwischen Griechenland und Mazedonien zu schlichten. Hier haben EU und NATO viel zu lange viel zu wenig getan. Der Trotz, die Angst und die Verletzungen in Skopje sind tief. Die frühere Euphorie für EU und NATO ist mittlerweile mit Zweifeln behaftet. Auch wenn der befürchtete russische Einfluss beim Referendum nicht nachgewiesen wurde, machen sich doch antiwestliche Narrative breit. Der Kampf um die Köpfe in Mazedonien ist in vollem Gange. 

Opposition als Geiselnehmer

Die oppositionelle VMRO DPMN triumphiert nach dem Scheitern des Referendums. Sie erklärt die Regierung Zaev für ebenso gescheitert wie das Prespa-Abkommen mit Griechenland selbst. Trotz aller Beteuerung, eine Integration Mazedoniens in die EU und in die NATO anzustreben, zeigt sich die Opposition in der Namensfrage unbeugsam und nach dem heutigen Boykott-Erfolg gestärkt. Mit ihren innenpolitischen Machtkämpfen nimmt sie das gesamte Land als Geisel.

Der mazedonische Regierungschef setzt für die nächste, die entscheidende Runde jetzt alles auf eine Karte: Um gültig zu werden, muss das Namensabkommen mit Griechenland vom mazedonischen Parlament mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden und so rief Zaev noch am Sonntagabend die Abgeordneten der Opposition zur Unterstützung auf. Andernfalls werde er im Dezember Neuwahlen ausrufen, droht Mazedoniens Regierungschef. Die Zukunft des Landes ist derzeit wieder mehr als ungewiss.

Umso mehr muss dieses schier Unmögliche im mazedonischen Parlament nun irgendwie gelingen. Sonst ist der Deal mit Griechenland geplatzt, sonst rücken NATO-Mitgliedschaft und EU-Beitritt in weite Ferne. Die Auswirkungen für Mazedonien wären fatal.

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