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Politik

Brexit - Das war der leichtere Teil

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
5. Januar 2018

EU und Briten haben sich in letzter Minute auf ein Scheidungsverfahren für den Brexit geeinigt. Nun können sie das zukünftige Verhältnis verhandeln. Doch damit fängt der richtige Streit erst an, meint Barbara Wesel.

Bild: picture-alliance/empics/D. Leal-Olivas

Die Einigung in Brüssel ist der Triumph diplomatischer Formulierungskunst über die politische Realität. Bei der EU tat man alles, um Theresa May zumindest in der Form entgegenzukommen. In Brüssel war klar, dass ihre Zukunft als Premierministerin untrennbar verbunden ist mit "hinreichendem Fortschritt" im ersten Teil der Brexit-Gespräche. Das wurde zur magischen Formel. Und die Europäer haben kein Interesse, in London maximales politisches Chaos auszulösen, denn Mays Nachfolger würde wahrscheinlich ein harter Brexiter.

Irland-Lösung als diplomatische Mogelpackung

Zunächst war der Fortschritt der Gespräche noch an der Frage der Irland-Grenze gescheitert. Theresa May hatte wohl nicht mit der Sturheit der unionistischen DUP gerechnet, die um den Status Nordirlands mit allen Mitteln kämpft. Auf der anderen Seite stand das berechtigte Interesse der Regierung in Dublin, den fragilen Frieden auf der Insel nicht durch eine neue harte Grenze zu gefährden. Und weil die EU ihrem Mitgliedsland den Rücken stärkte, konnten die Iren Zusicherungen von London verlangen.

Was jetzt in der Vereinbarung steht, wird seinen Wert allerdings erst in der Zukunft beweisen. Theresa May verspricht, dass sie sowohl die Rechte Nordirlands als integralem Teil Großbritanniens als auch den wirtschaftlichen und faktischen Sonderstatus der Region wahren wird. Das ist praktisch die Quadratur des Kreises. Sie kann nur gelingen, wenn das Königreich am Ende geltende EU-Regulierungen imitiert, so dass eine echte Grenze zwischen den beiden Teilen nicht nötig wird. Oder wenn Großbritannien einfach in Zollunion und Binnenmarkt verbleibt. Das ist Wunschdenken, für das es keine Garantien gibt, und den harten Brexiters kann diese Lösung unmöglich gefallen. Im Prinzip hat man die Irlandfrage nur aufgeschoben und einen ungedeckten Scheck auf spätere Verhandlungsergebnisse geschrieben.

Mit britischem Zwist Zeit vertrödelt

Das EU-Parlament und der EU-Gipfel, also die Mitgliedsländer, haben Mitte Dezember grünes Licht  für die zweite Phase der Brexit-Gespräche gegeben. Als erster Schritt der neue Phase muss die sogenannte Übergangszeit vereinbart werden, die dann auch gleich wieder reichlich Sprengstoff birgt. Und danach geht es endlich um das künftige Verhältnis.

Barbara Wesel, DW-Korrespondentin in Brüssel

Wer sich den Verlauf der vergangenen neun Monate ansieht, in denen die britische Seite durch Uneinigkeit und politisches Posieren endlos Zeit vertrödelte, kann nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Wenn man so lange allein für die Scheidung brauchte, wie viel kann man dann in den verbleibenden neun Monaten im Jahr 2018 schaffen, wenn es um das unendlich kompliziertere künftige Verhältnis beider Seiten gehen soll?

Die EU hat bereits klar gemacht: Mehr als der Umriss eines künftigen Handelsabkommens mit Großbritannien wird nicht zu erzielen sein, eine Einigung auf ein paar Grundprinzipien. Der eigentliche Deal dann wird so technisch und kompliziert sein, dass man daran noch Jahre über den Brexit hinaus arbeiten wird.

Letzte Lebenslügen der Brexiters

Schon bis hierher flogen den Brexiters große Teile ihrer Propaganda und Illusionen um die Ohren. Natürlich muss Großbritannien die Schlussrechnung für seine Mitgliedschaft bezahlen. Ohne Zweifel ist die EU in der besseren Verhandlungsposition, weil 27 zusammen stärker sind als einer allein. Kläglich scheiterte der britische Versuch, die EU-Mitgliedsstaaten zu spalten und damit Konzessionen zu erpressen.

Aber das war der leichtere Teil. Wenn es um die Einzelheiten im neuen Verhältnis zwischen den früheren Partnern geht, werden die letzten Blütenträume der Brexiters platzen. Denn die EU wird den Briten keine Sonderbedingungen und ihnen keine Geschenke machen. Sie beruft sich auf ihre Regeln und wahrt knallhart die Interessen ihrer Mitgliedsstaaten.

Auf der Insel könnte es einsam werden

Großbritannien wird zu einem Drittland werden, formulierte Ratspräsident Donald Tusk dazu emotionslos. Die gemeinsame Vergangenheit ist vorbei, es wird nur noch um das geschäftsmäßige Verhältnis in der Zukunft gehen. Und die harten Brexiter werden noch schmerzhaft erfahren, wie jeder Schritt weg von den europäischen Regeln sie wirtschaftlich und politisch in die Isolation treibt. "Holt die Kontrolle zurück", war einer der dümmsten Slogans in dem von Unwahrheiten und Illusionen strotzenden Arsenal der Hardliner. Im schlechtesten Fall enden die Briten mit so viel Souveränität wie der schiffbrüchige Robinson Crusoe auf seiner einsamen Insel.

Die EU bedauert den Rückzug der Briten, aber sie lässt sich davon nicht in ihren Plänen stören. Es ist kein Zufall, dass die Kommission gleichzeitig mit dem Brexit-Deal am Freitag Einzelheiten ihres neues Handelsabkommens mit Japan vorstellte. Brüssel will zeigen: Die Zukunft gehört der Europäischen Union, der Brexit ist eher eine Fußnote.

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