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Geister-Derby: Irgendwie gespenstisch

16. Mai 2020

Der Bundesliga-Klassiker zwischen Borussia Dortmund und Schalke bot ordentlichen Fußball. Ein echtes Revierderby war es unter den Bedingungen der Corona-Pandemie aber nicht, findet Stefan Nestler. Die Emotionen fehlten.

Bild: Reuters/M. Meissner

"Es hat etwas Surreales", sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bereits vor dem Anpfiff des 96. Bundesliga-Revierderby von Borussia Dortmund gegen den FC Schalke 04, dem ersten Spiel nach der Corona-Pause. "Die Straßen rund ums Stadion sind leer. Es ist schon gewöhnungsbedürftig." Und das sollte sich auch nicht ändern, als der Ball rollte. Die Dortmunder Arena, wo unter normalen Umständen mehr als 80.000 Zuschauer für Gänsehautstimmung gesorgt hätten, wirkte wie ein Kreisliga-Platz im nahen Sauerland, wenn auch mit deutlich größeren Tribünen. Wobei dort sicher mehr Stimmung herrscht, als an diesem Nachmittag im BVB-Stadion. Hier ein Ruf, dort ein Schrei, hin und wieder Applaus von den Auswechselspielern und Betreuern - mehr nicht.

Zunächst wie paralysiert

Stefan Nestler, DW Sport

Auch die Spieler wirkten angesichts der fehlenden Derby-Atmosphäre zunächst wie paralysiert. Erst nach 20 Minuten löste sich die Verkrampfung. Nach 90 Minuten stand dann ein klarer und leistungsgerechter 4:0 (2:0)-Erfolg der Dortmunder gegen überforderte Schalker. Beide Teams machten im Grunde da weiter, wo sie vor zwei Monaten aufgehört hatten: Der BVB holte den achten Sieg im neunten Rückrundenspiel und festigte damit Tabellenplatz zwei hinter den Bayern, Schalke blieb auch im achten Spiel hintereinander sieglos.

Wäre es bei vollem Stadion anders gelaufen? Vielleicht. Möglicherweise hätten sich die Schalker mehr gegen die Niederlage gestemmt. Oder die Dortmunder hätten sich, angepeitscht von den eigenen Fans, in einen regelrechten Rausch gespielt und die Schalker noch mehr gedemütigt. Aber das ist reine Spekulation.

Corona-gerechter Torjubel

Was bleibt von diesem, betrachtet man die Umstände, sicher ungewöhnlichsten aller bisherigen Revierderbys? Ein Schmunzeln über den Torjubel des BVB-Stürmers Erling Haaland, der sich nach seinem Treffer zum 1:0 an die Corona-Vorschriften hielt und mit Distanz zu seinen Teamkollegen einfach mit dem Oberkörper hin und her wackelte. Wie man überhaupt sagen muss, dass alle Beteiligten sichtbar bemüht waren, das DFL-Hygienekonzept nicht bloßzustellen, wo doch gewissermaßen die ganze Welt zuschaute. Ein weiteres Schmunzeln über Thorgan Hazard, der nach seinem Treffer zum 3:0 vor der leeren Südtribüne posierte, als stünde dort wie sonst die "gelbe Wand" der eigenen Fans. Oder auch über das BVB-Team, das an gleicher Stelle nach dem Abpfiff - mit ausreichend Abstand zwischen den Spielern - "La Ola", die Welle machte.

Emotionslos

Vor allem aber bleibt das Gefühl, dass die Gefühle fehlten. "Die Rivalität verändert sich ja nicht, weil keine Zuschauer dabei sind", hatte Schalkes Trainer David Wagner vor dem Anpfiff des Derbys erklärt. Das Spiel zeigte jedoch, dass dies nicht ganz stimmt. Denn die Rivalität lebt auch davon, dass sie von den Fans im Stadion transportiert wird. Dem kann sich normalerweise kein Profi entziehen. Die Emotionen springen von den Rängen auf den Platz über.

Diesmal standen sich auf dem Rasen einfach nur zwei Fußballmannschaften gegenüber, deren Spieler froh waren, nach der Corona-Zwangspause wieder ihrem Beruf nachgehen zu dürfen. Ein richtiges Revierderby war es nicht - wegen der gespenstischen Atmosphäre. Aber damit wird der Fußball wohl noch eine ganze Weile leben müssen. Und das nicht nur in Dortmund.

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