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Politik

Corona-Helfer mit Beigeschmack

Winkekatze Maneki-neko
Dang Yuan
19. Mai 2020

Peking hilft vielen Ländern im Kampf gegen die Corona-Pandemie - die meisten davon sind unterentwickelte Staaten in Afrika. Doch die Hilfe von Chinas Kommunisten hat einen moralischen Makel, meint DW-Redakteur Dang Yuan.

Medizinische Hilfsgüter aus China werden am Flughafen von Ghanas Hauptstadt Accra entladenBild: imago images/X. Zheng

Die Jahreshauptversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde am Montag Schauplatz eines politischen Machtspiels. Die Corona-Pandemie, die eigentlich die Tagesordnung hätte dominieren sollen, wurde plötzlich zur Nebensache. Weltweit werden sich bald fünf Millionen Menschen mit dem potenziell tödlichen Virus infiziert haben. Doch im Genfer WHO-Hauptquartier eskalierte ein Systemstreit: Welches politische System ist das bessere, um ein Land und seine Menschen im Katastrophenfall effizient zu schützen? Zur Auswahl stehen symbolisch die USA für Demokratien und China für totalitäre Regierungen.

Während US-Präsident Donald Trump der WHO den Geldhahn abdreht und mit Austritt droht, gibt sich sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping erstaunlich großzügig. China will in den kommenden zwei Jahren ärmeren Entwicklungsländern zwei Milliarden US-Dollar Hilfe zur Verfügung stellen, versprach Xi in einer Videobotschaft. Zum Vergleich: der WHO-Jahresbeitrag der USA beträgt rund 500 Millionen US-Dollar. Darüber hinaus sagte der KP-Chef zu, die von China entwickelten und zertifizierten Impfstoffe gegen das Coronavirus als "globales öffentliches Gut" anzubieten.

Vom "Reich der Mitte" zum "Reich der Mittel"

Zahlreiche Gesundheitssysteme in der Welt, vor allem in unterentwickelten Staaten Afrikas, sind angesichts extrem hoher Ansteckungsraten überfordert und auf internationale Hilfe angewiesen. Hilfe, die jetzt schnell kommen muss. Genau diese Länder sind daher besonders empfänglich für großzügige Hilfen aus dem "Reich der Mittel".

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic empfängt Ärzte aus China am Flughafen von BelgradBild: AFP/Serbia's Presidential press service

Im Gegenzug passt das alles in den Masterplan Chinas, sich in der Weltordnung weiter an die Spitze zu arbeiten. Denn dort, wo die USA die internationale Kooperation reduzieren - zum Beispiel in diversen UN-Institutionen - und eine Lücke hinterlassen, rückt das finanziell potente China weiter nach vorne und gewinnt so mehr weltpolitisches Gewicht.

Das erklärte Ziel Pekings ist, eine Allianz unter den Entwicklungsländern zu bilden, damit sich diese wirtschaftlich und politisch von den ehemaligen Kolonialmächten unabhängig machen und neue Wege einschlagen. Dabei strebt das autoritär regierte Land selbst nach Hegemonie, was Peking natürlich niemals eingesteht. 

Entwicklungshilfe, die abhängig macht

China hilft, ohne politische Vorbedingungen wie gute Regierungsführung oder Ähnliches. Im Rahmen seiner Seidenstraßeninitiative, welche die halbe Erdkugel von China über die Straße von Gibraltar bis zur Südsee umspannt, finanziert Peking enorme Infrastrukturprojekte. Dabei sichert sich das rote Regime einerseits strategisch wichtige Rohstoffe in Afrika, um den Heißhunger der heimischen Volkswirtschaft zu stillen, und erschließt andererseits neue Märkte für seine Produkte - derzeit besonders stark in Ost- und Südosteuropa.

Durch die enorme Schuldenlast der Empfängerländer nimmt auch politisch die Abhängigkeit von China zu. Ob eine Regierung Aussicht auf eine Wiederwahl hat, ob ein Diktator weiter im Sattel der Macht sitzen bleibt, kann inzwischen von einer einzigen Entscheidung in der KP-Zentrale abhängen. Peking sucht sich in solchen Ländern Politiker als Staats- und Regierungschefs aus, die ihm genehm sind. 

Eine Ärzteteam aus China wurde auch am Flughafen von Islamabad von pakistanischen Offiziellen herzlich begrüßtBild: picture-alliance/dpa/L. Tian

Strohmann im Kampf der Systeme

Die USA wollen im Kampf der Systeme nicht widerstandslos aufgeben. Taiwan, offiziell die Republik China, nutzen sie bei der WHO derzeit als Strohmann - eine Demokratie mit 23 Millionen Menschen, die jedoch aufgrund des Ein-China-Anspruchs der Volksrepublik kein Mitglied der UN-Organisation sein darf. Selbst der Versuch, Beobachtungsstatus in der WHO zu erlangen, scheitert am Widerstand Chinas.

Die chinakritische Regierung in Taiwan hat die Krise vorbildlich bekämpft und erntet dafür zu Recht Lob. Doch dass deswegen im Vergleich zu autoritären Regierungen alle Demokratien die Corona-Krise besser meistern würden, wäre eine falsche Schlussfolgerung. So hat sich US-Außenminister Mike Pompeo einen echten Anfängerfehler erlaubt:

Bei seinem Lob für Taiwan hat er leider vergessen, dass ausgerechnet in seinem eigenen Land - dem Vorbild aller Demokratien der Welt - wegen der Corona-Krise gerade alles aus dem Ruder läuft. 

Es ist aber ebenso unredlich, wenn die chinesische Propaganda behauptet, das chinesische Modell wäre deswegen besser als jede Demokratie. Die Menschen haben nicht nur Recht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit. Genauso essenziell sind die unteilbaren, universalen Menschenrechte wie das Recht auf freie Religionsausübung und die Meinungsfreiheit. Und davon ist China noch Lichtjahre entfernt. 

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