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Politik

Chinas Politik in Afrika verdient auch Beifall

Abu-Bakarr Jalloh
Abu-Bakarr Jalloh
13. Januar 2017

China verfolgt in Afrika seine wirtschaftlichen Interessen, ohne sich viel um Menschenrechte oder den Arbeitsschutz zu scheren. Und dennoch hat Chinas Afrika-Politik viele Vorzüge, meint Abu-Bakarr Jalloh.

Chinas Außenminister Wang Yi auf Afrika-Reise - hier mit seinem tansanischen Amtskollegen Augustine MahigaBild: picture-alliance/Photoshot/L. Sibo

Neulich hatte ich bei einem Flug einen Zwischenstopp in Abu Dhabi. Während meines 10-stündigen Aufenthaltes in der Transitzone des Flughafens der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate begegneten mir Afrikaner aus Kenia, Uganda, Nigeria und sogar Liberia. Die meisten von ihnen waren auf Geschäftsreise von oder nach China.

Ich sprach mit einem Nigerianer, der sich neben meine Schlafbank im Terminal 1 quetschte. Ich habe ihn gefragt, ob er jemals in Europa gewesen sei. Seine Antwort: "Niemals, und ich habe das auch in nächster Zeit nicht vor." War ich überrascht? Nein, absolut nicht!

In den vergangenen zehn Jahren ist China in Afrika immer präsenter geworden, viele Afrikaner mit einem Geschäftkapital von gerade einmal 5000 US-Dollar (4700 Euro) können in die ostasiatische Wirtschaftsmacht reisen. Es war niemals so einfach für junge und ambitionierte Unternehmer aus Afrika.

Europa ist stolz darauf, Afrikas einziger Nachbar zu sein. Und nicht nur das: Europa hat es geschafft, seine Kultur und seine Werte in Afrika zu verbreiten. Es dominierte den Handel und die Investitionen auf dem Kontinent, bis erst die Amerikaner und dann die Chinesen kamen.

Geteiltes Afrika

So seltsam es klingt in der derzeitigen Politik: Europa betrachtet Afrika noch immer nicht auf Augenhöhe. Natürlich ist der europäische Kontinent hochentwickelt - weit fortschrittlicher als Afrika. Aber es ist zynisch, dass Europa in Afrika noch immer den "Bettelkontinent" sieht. Über 60 Jahre Entwicklungshilfe haben nicht viel mehr gebracht als Korruption und den Bankrott kleiner Ladenbesitzer.

Die übliche Rhetorik der Europäer lautet, dass Chinas zunehmende Präsenz in Afrika die Werte und politischen Strategien Europas auf dem Kontinent untergrabe. Doch eine solche Aussage klingt für Afrikaner wie eine Beleidigung.

Über Jahrhunderte haben die Afrikaner europäische Werte und Kultur aufgesaugt. Und ja, wir denken und sprechen sogar in ihrer Sprache. Viele haben von dieser kulturellen Integration profitiert. Aber Millionen bleibt das bis heute verwehrt.

Es ist, als wären wir wieder bei der Berliner Konferenz 1884, als Afrika in verschiedene Teile zerlegt wurde, die von europäischen Kolonialmächten ausgebeutet wurden.

Afrikanische Staaten versuchen dagegen, ihre eigene Zukunft zu schmieden. Und mit wem sie dies tun wollen, sollten sie alleine entscheiden - und nicht externe Akteure.

Geschäftsinteressen

Natürlich investiert China seine Milliarden in Afrika, um vor allem seine eigenen Interessen umzusetzen, um ein Global Player zu werden - eine Weltmacht eben. Die afrikanischen Staatenlenker sind sich darüber völlig im Klaren. Aber die Möglichkeiten, die China Afrika eröffnet, sind weitaus besser, als das, was die Europäer anzubieten haben.

DW-Redakteur Abu-Bakarr JallohBild: DW/P. Böll

Für viele Afrikaner ist das Modell europäischer Entwicklungshilfe überholt. Wenn Europa sich wirklich in Afrika engagieren will, muss es dies als Geschäftspartner und nicht als Versorger tun.

Ja, man kann China dafür kritisieren, Menschenrechtsverletzungen keine Aufmerksamkeit zu schenken. Peking hat Geschäfte in Ländern finanziert, die von Warlords wie zum Beispiel Präsident Salva Kiir im Südsudan kontrolliert werden. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International beschuldigen Kiir, Zivilisten im Krieg gegen seinen Rivalen, den ehemaligen Vizepräsidenten des Südsudan, Riek Machar, getötet zu haben.

Andererseits ist es nicht die Sache der Chinesen, afrikanischen Staatslenkern zu diktieren, wie sie die Rechte ihrer eigenen Bevölkerung zu respektieren haben. Afrika ist politisch so weit gewachsen, dass Institutionen wie die Afrikanische Union oder die ostafrikanische "Intergovernmental Authority on Development" (IGAD) diese Rolle übernehmen können.

Sicherheit der Arbeiter

Chinesische Firmen werden außerdem beschuldigt, den Arbeitsschutz von Minenarbeitern und Arbeitern an schweren Maschinen nicht sicherzustellen. Diese Vorwürfe mögen aus europäischer Sicht nachvollziehbar sein. Aber aus afrikanischer Perspektive sieht das anders aus: Auch die von Afrikanern betriebenen Fabriken sorgen sich nicht um eine sichere Arbeitsumgebung für ihre Angestellten.

Ja, man sollte eine chinesische Firma für den Tod eines Mitarbeiters belangen, wenn er wegen mangelnder Sicherheit am Arbeitsplatz sterben musste. Aber man muss auch die Gewerkschaften vor Ort, die Inspektoren und sogar die Regierung des jeweiligen Landes verantwortlich machen. In den meisten Fällen sind die alle sich nämlich sehr wohl über die konkreten Gefahren an den Arbeitsplätzen bewusst. Doch sie tun entweder nichts oder zweckentfremden das Geld, das für besseren Arbeitsschutz gedacht ist.

Natürlich sind bessere Arbeitsbedingungen für Minen- und Fabrikarbeiter nötig. Aber die müssen nicht nur von den Investoren, sondern vor allem von den jeweiligen Regierungsstellen gewährleistet und überwacht werden.

China bietet Möglichkeiten

Als ich in Abu Dhabi auf meinen Anschlussflug wartete, erzählte mir mein nigerianischer Gesprächspartner, wie sehr sich sein Leben durch Chinas Interesse an Afrika verändert habe: Er kauft günstige nigerianische Waren und verkauft sie weiter in China, im Gegenzug erwirbt er billige chinesische Radios, Uhren und Halsketten und handelt mit ihnen in Nigeria. Mit jeder seiner Reisen macht er rund 700 US-Dollar Gewinn. Nicht viele Afrikaner haben solche Möglichkeiten in Europa.

Man mag Chinas Handelspolitik der Nichteinmischung in Afrika in vielerlei Hinsicht kritisieren. Aber sie sollte auch gelobt werden für die hunderttausende neuen Jobs, die sie in Afrika schafft. Für die Perspektiven, die sie so vielen jungen Geschäftsleuten verschafft und dass sie die unterentwickelte Infrastruktur des Kontinents aufpoliert.

Wenn Europa mit Chinas wachsendem Einfluss in Afrika mithalten will, müssen die Europäer endlich mit den glorreichen Tagen des Kolonialismus abschließen und die neue Realität anerkennen.

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