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Politik

Nun also doch: Corona-Bonds!

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
18. Mai 2020

Mit gemeinsamen Schulden wollen Deutschland und Frankreich die EU aus der Krise führen. Ein riskantes Spiel, das Bewegung in die festgefahrene Diskussion bringt und deshalb nötig ist, meint Bernd Riegert.

Ein Foto aus besseren Tagen vor der Pandemie: Merkel und Macron üben sich wieder im Schulterschluß (Archiv)Bild: Reuters/M. Tantussi

Die deutsch-französische Lokomotive in der EU hat wieder Fahrt aufgenommen. Endlich! Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben den Rückwärtsgang auf dem Abstellgleis eingelegt, um den Streit über den Wiederaufbau nach der Corona-Krise in der EU beizulegen. Die Kanzlerin hat nun also doch die Richtung geändert, in dem sie im Prinzip gemeinsamen Schulden in der EU zustimmt - trotz des Verschuldungsverbots in den europäischen Verträgen.

Frankreichs Präsident Macron hat durchgesetzt, dass die 500 Milliarden Wiederaufbauhilfe als Zuschüsse ausgereicht werden, nicht als Kredite an die ohnehin schon überschuldeten Mitgliedsländer im Süden, wie die Kanzlerin und die Nordländer in der EU das eigentlich wollten. Dafür musste Macron schlucken, dass der Aufbaufonds nicht 1,5 Billionen Euro umfasst, sondern nur ein Drittel davon ausmachen wird.

Mehr Solidarität gefordert

Noch hat das wichtige deutsch-französische Duo nur einen Vorschlag gemacht. Dieser ist aber bereits mit der EU-Kommission abgestimmt und setzt jetzt vor allem die anderen Mitgliedsstaaten im Osten und Norden der EU unter Druck. Sie werden bei dieser Konstruktion weniger Geld bekommen und für Länder wie Italien, Spanien und auch Frankreich, die stärker von Corona betroffen sind, mehr zahlen müssen.

Solidarität wird jetzt auch von Ländern wie Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien gefordert sein, die bisher immer Netto-Empfänger in der EU waren. Daher hat sich die Bundeskanzlerin für diesen Dienstag mit den östlichen Mitgliedern verabredet, um ihr Konzept zu erklären.

Europakorrespondent Bernd Riegert

Ein sinnvoller Vorschlag

Zuhause wird Angela Merkel noch einen harten Kampf führen müssen. Denn in den konservativen Parteien CDU und CSU dürfte es Widerstand gegen das Zuschuss-Konzept geben, das Mehrausgaben im oberen zweistelligen Milliardenbereich bedeutet. Die Finanzierung soll durch gemeinsame Schulden erfolgen, die die EU-Kommission aufnimmt. Die Mitgliedsstaaten sollen sie in 20 Jahren gemeinsam zurückzahlen, gemäß ihrem Anteil am langfristigen EU-Haushaltsrahmen. Der heutige Schritt würde also Regierungen und Parlamente noch im Jahr 2040 binden und deren fiskalische Spielräume einschränken.

Diese neue Konzept könnte man auch einfach EU-Bonds oder Corona-Bonds-light nennen. Es handelt sich um gemeinsame Anleihen bei eingeschränkter Haftung. Doch das könnte durchaus gegen Artikel 311 der EU-Verträge verstoßen. Da sind viele elegante Tricks der Juristen in der EU gefragt, um das passend zu machen. Italien und Frankreich können frohlocken. Sie haben sich durchgesetzt.

Weichen sind gestellt

Doch geht das alles auf? Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Macron sagen ja. Denn in dieser einmaligen Ausnahmesituation muss gehandelt, nicht gezaudert werden. Die deutsch-französische Lokomotive fährt in die richtige Richtung. Fraglich ist, ob alle Waggons, alle EU-Mitglieder, angekoppelt werden können. Die Weichen sind jetzt schon in Sicht.

Kommende Woche wird die EU-Kommission ihren umfassenden Haushaltsentwurf vorstellen, von dem der Wiederaufbau-Fonds nur ein Teil ist. Dann müssen sich die Mitgliedsstaaten schnell einigen, damit das dringend benötige Geld zum Abfedern der Rezession zum Jahresende - oder besser noch davor - fließen kann. Die Zeichen stehen auf Grün für diesen Kompromiss, der eine Ausnahme bleiben soll!

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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