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Kommentar: Dämpfer zur richtigen Zeit

Joscha Weber, z.Zt. Santo André22. Juni 2014

Hochgejubelt nach dem Triumph gegen Portugal stolpert Mitfavorit Deutschland über eine kämpferische Elf aus Ghana - und das ist vielleicht sogar gut so, meint DW-Sportredakteur Joscha Weber.

DW-Sportredakteur Joscha Weber (Foto: DW)
Bild: DW

Die Abwehr? Souverän! Antreiber Sami Khedira? Unwiderstehlich! Spielmacher Toni Kroos? Überragend! Dreifachtorschütze Thomas Müller? Weltklasse! Es war wohl etwas viel des Lobes. Nach dem furiosen 4:0 gegen Portugal schwelgte Fußball-Deutschland schon auf Wolke sieben. Und im Campo Bahia herrschte ohnehin eitel Sonnenschein. Alles prima hier, tolle Bedingungen, Wohlfühlatmosphäre für die Spieler, die sich diese ja auch redlich verdient hatten. Die Wahrheit aber ist: Ein Spiel macht keinen Weltmeister.

Die Schwächen werden sichtbarer

Diese Erkenntnis kommt schnell, bereits in Spiel zwei. Gegen Ghana tappt die deutsche Nationalmannschaft in dieselbe Falle, in die auch ein anderer WM-Favorit getappt ist: Italien. Wie die Squadra Azzura gegen Costa Rica unterschätzt auch die deutsche Elf - trotz aller Beteuerungen - einen vermeintlich unterlegenen Gegner und verpasst es, körperlich dagegen zu halten. Dass Deutschland am Ende nicht wie der Vize-Europameister verliert, ist den alten Haudegen Miroslav Klose und Bastian Schweinsteiger zu verdanken, die eine am Abgrund taumelnde DFB-Elf gerade noch vor einer Pleite bewahren.

Das glückliche 2:2 ist vordergründig das, was es ist: Ein Punkt, der Deutschland dem Achtelfinale ein kleines Stück näher bringt. Auf den zweiten Blick ist es der Dämpfer zur richtigen Zeit. Was die Euphorie nach dem Portugal-Spiel noch überdeckte, wurde gegen Ghana sichtbarer: Die neuformierte Abwehr aus vier Innenverteidigern ist längst nicht so sicher wie geglaubt. Erhebliche Abstimmungsschwierigkeiten, Lücken auf den Außenbahnen und Shkodran Mustafis Unerfahrenheit geben zu denken. Klares Urteil: Diese Viererkette ist noch nicht titeltauglich.

Psychologisch wertvoller als der Portugal-Triumph

Doch auch davor war gegen Ghana viel Verbesserungspotential zu erkennen: Der lange verletzte Sami Khedira ist eben doch noch nicht fit für 90 intensive Minuten, Toni Kroos' Passgenauigkeit unterliegt Schwankungen und die offensive Flügelzange aus Mesut Özil und Mario Götze hat noch deutlich Luft nach oben. Diese Erkenntnisse kommen gerade noch rechtzeitig, bevor das Turnier in entscheidendere Phasen geht. Werden daraus nun die richtigen Lehren gezogen, dürfte der vermeintliche Rückschlag gegen Ghana wichtiger werden als das locker-leichte 4:0 gegen Portugal.

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