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Kommentar: Das Denkmal Hoeneß ist gefallen

Joscha Weber14. März 2014

Keine Revision, kein Zweifel mehr: Uli Hoeneß verzichtet auf Rechtsmittel und Ämter beim FC Bayern und muss nun ins Gefängnis. Für den weltbesten Fußballclub hat dies weitreichende Folgen, meint Joscha Weber.

DW-Sportredakteur Joscha Weber (Foto: DW)
Bild: DW

Es ist ein Schock mit Ansage. Eigentlich ein Widerspruch in sich, denn nur, was wir nicht wissen oder ahnen, kann uns schocken. Aber im Fall Uli Hoeneß sind Widersprüche längst an der Tagesordnung. Drei Jahre und sechs Monate Haft für den Boss des derzeit weltbesten Fußballvereins, für den sozialen Wohltäter, für den erfolgreichen Unternehmer, für die ehemalige Fußballlegende, für den vielleicht wichtigsten Macher im deutschen Fußball. Ja, das ist ein Schock für Hoeneß, den FC Bayern und den deutschen Fußball. Solch eine Lichtgestalt des Sports nun ein Straftäter? Kaum vorstellbar.

Und doch haben wir es alle längst gewusst. Selbst seine Anhänger. Am Rande des Champions-League-Rückspiels gegen den FC Arsenal am vergangenen Dienstag äußerten kaum noch Bayern-Fans die Hoffnung auf einen Freispruch. Die Erwartungen gingen von einer Bewährungs- bis zu einer Haftstrafe. Der Tenor: Mitgefühl für Hoeneß ja, Verständnis für seine Steuerflucht und widersprüchlichen Aussagen vor Gericht nein. Vielen Bayern-Fans ist wohl klar geworden, dass sie auch Steuerzahler sind. Die täglich gewachsene Dimension der Steuerhinterziehung hat viele Anhänger des Rekordmeisters umdenken lassen. Das Denkmal Hoeneß wackelte längst, nun ist es gefallen.

Er brachte dem FC Bayern München Erfolg - und Schaden

Folgt man den Fakten und dem eigenen Verstand, war ein anderer Ausgang des Prozesses gegen Uli Hoeneß gar nicht denkbar. 28,5 Millionen Euro beträgt seine Steuerschuld laut Landgericht München. Eine riesige Summe, die jedoch laut Steuerexperten eher eine vorsichtige Schätzung des Gerichts ist. Im Rahmen der gründlichen Prüfung durch die Finanzbehörden dürfte sie sich noch erhöhen. Wir reden hier also nicht von Peanuts, sondern von einem großen finanziellen Schaden für die Allgemeinheit - und auch für den FC Bayern München.

Der deutsche Vorzeigeclub geleitet von einem Mann, der nicht seinen vollen Beitrag zum Wohle von Staat und Bevölkerung leisten will - das ist der Öffentlichkeit nicht vermittelbar. Ein verurteilter Straftäter an der Spitze des globalen Unternehmens Bayern München, dessen Wert aktuell auf mehr als eine Milliarde Euro taxiert wird - nicht hinnehmbar für die Aktionäre und Sponsoren. Die großen Unternehmen im Hintergrund der FC Bayern AG, die Anteilseigner Adidas, Audi, Allianz sowie die Sponsoren VW und Telekom konnten nach ihren eigenen Ethik-Regeln gar nicht anders als auf einen Rücktritt von Hoeneß zu setzen - und der kam.

Hoeneß geht den richtigen Schritt nach vorn

Uli Hoeneß musste die Konsequenzen ziehen und er tat es: Rücktritt von seinen Ämtern als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München. Doch Hoeneß ging noch einen überraschenden Schritt weiter, der ihm viel Anerkennung einbringen wird: Er akzeptiert seine dreieinhalbjährige Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung und verzichtet auf die Revision. "Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung", sagte er. Das ist der Uli Hoeneß, wie ihn die Bayern-Fans schätzen: geradeaus, mit klarer Kante und dem Gespür für Verantwortung. Respekt für diesen Schritt.

Längst geht es nämlich im Fall Hoeneß, der eine gewaltige Strahlkraft auf die Gesellschaft in Deutschland hat, um Grundsätzlicheres: Gerechtigkeit. Vor dem Gesetz sind alle gleich, auch prominente Sportikonen, niemand verdient eine Sonderbehandlung - gleich welche "Lebensleistung" jemand erbracht hat und wie auch immer man diese objektiv bemessen will. Uli Hoeneß mag viele Steuern gezahlt haben, es liegt jedoch nicht in seinem Ermessen zu sagen, wie viel genug ist. Das ist Sache der Finanzbehörden. Und seine Selbstanzeige kam wenig glaubwürdig daher. Journalisten-Recherchen haben Hoeneß wohl im Vorjahr zumindest aufgeschreckt und über Nacht handeln lassen. Hätte Hoeneß ohne eine zumindest gefühlt drohende Enttarnung seine Steuerschuld zugegeben? Wohl kaum.

Der Preis des Erfolges

Vielmehr drängt sich eine Schlussfolgerung auf: Hoeneß bezahlt den Preis für seinen immensen Erfolg. Er formte den FC Bayern zum sportlichen und finanziellen Vorbild des Weltfußballs. Jeder, der den Verein nur in Ansätzen kennt, wird ihm einen großen Teil dieser Erfolgsgeschichte zuschreiben. Zu Recht. Doch solch eine Anerkennung bleibt nicht ohne Folgen für den Charakter. Der Erfolg ließ ihn überheblich und selbstgerecht werden. Das mussten seine sportlichen Kontrahenten spüren und nun auch die Öffentlichkeit. Vielleicht ist es nur ein Zufall, dass Hoeneß ausgerechnet auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn fällt. Eines scheint aber klar: die Landung im Gefängnis wird hart.

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