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Das Ende der Sport-Megaevents

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Tobias Oelmaier
26. Dezember 2016

Er wird immer schwieriger, Gastgeber für sportliche Großveranstaltungen zu finden. Kein Wunder, denn einer aufgeklärten Gesellschaft sind die kostspieligen Events nicht mehr zu vermitteln, meint Tobias Oelmaier.

Bild: picture-alliance/dpa/J. Etxezarreta

Ging es Ihnen früher auch so? Wochen, Monate vor einer EM, WM oder den Olympischen Spielen begann dieses Kribbeln. Da wurden Medaillenchancen ausgelotet, Athletenporträts studiert, Stickeralben beklebt und alle Informationen über das Austragungsland aufgesogen, an die man nur irgendwie gelangen konnte.

Und heute? Eine Fußball-Europameisterschaft in Frankreich: trotz Terror. Trotz FIFA-Krise. Und obwohl sie der Bevölkerung dort größtenteils am Allerwertesten vorbei geht. Olympia in Rio: trotz innenpolitischer Schwierigkeiten, trotz Skandalen um den Welt-Leichtathletik-Verband, trotz des kurz zuvor veröffentlichten Berichts über Staatsdoping in Russland. Und obwohl doch eigentlich alle wussten, dass sich Brasilien ein weiteres großes Sport-Event gar nicht leisten konnte.

DW-Sportredakteur Tobias Oelmaier

Das Kribbeln? Nicht mehr vorhanden. Die Sport-Helden: längst herabgestiegen vom Olymp. Kaum noch Typen darunter, meist nur Leistungsroboter. Die Funktionäre: korrupte Polit-Egomanen, machtbesessen und geldgeil. Die Austragungsorte: oft ungeeignet, erzwungen - siehe Sotschi 2014. Der Wettbewerb: uninteressant, weil immer ein schaler Beigeschmack bleibt. Werden die Ergebnislisten auch in zwei, drei, vier, acht Jahren noch Bestand haben oder werden die Gewinner bei Nachtests des Dopings überführt?

Und überhaupt: Wie viel Leistungssport will sich eine Gesellschaft leisten?  Schwimmbäder schließen, Straßen verkommen lassen, an Polizisten und Lehrern sparen und andererseits Sportler heranzüchten, die sich entweder einem Wettbewerb stellen, bei dem sie nicht bestehen können, weil die Konkurrenz manipuliert, oder die selbst dopen, um ganz oben zu stehen? Die ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, obwohl doch jeder inzwischen weiß, dass sich Hochleistungssport und körperliche Unversehrtheit kaum in Einklang bringen lassen.

Nur noch totalitäre Gastgeberländer?

Einer aufgeklärten Gesellschaft sind die hohen Kosten für eine umstrittene Veranstaltung nicht mehr vermittelbar. Innerhalb weniger Monate haben Hamburg, Boston und Rom ihre Bewerbungen für Olympische Sommerspiele zurückzogen oder gar nicht erst abgegeben. Die nächsten Winterspiele finden nicht in St. Moritz statt oder in Oslo oder Garmisch, sondern in Pyeongchang in Südkorea. Für die darauf im Jahre 2022 sind gerade mal zwei Interessenten übrig geblieben: Almaty im totalitären Kasachstan und das "Wintersport-Paradies" Peking im totalitären China. Immerhin für die Sommerspiele fanden sich noch einigermaßen attraktive Gastgeber: 2020 folgt Tokio auf Rio, dann, für 2024, sind Los Angeles, Budapest und Paris im Hut. Noch…

Ähnliches gilt für den Fußball: Russland und Katar sind die nächsten WM-Ausrichter. Weniger Flair geht kaum. Stattdessen auch hier: totalitäre Oberhäupter, denen Menschenrechte gleichgültig sind. Denen, siehe Staatsdoping in Russland, sportliche Fairness egal ist. Und in Katar dazu noch der Umstand, dass sich angesichts der dort vorherrschenden klimatischen Bedingungen auch im Winter kaum Fußball spielen lässt. Die FIFA hat reagiert: mehr Teilnehmer, mehr Spiele, mehr Stadien.

Wer kann sich das noch leisten?

Für eine EM kommen vielleicht noch drei, vier einzelne Länder in Frage: Frankreich, das eben erst dran und - siehe oben - auch nicht voller Enthusiasmus war, Spanien, wo Geld und moderne Stadien ebenso fehlen wie in Italien sowie England, das aber wohl erst mal den Brexit verarbeiten muss. Die Euro 2020 wird zum 60-jährigen Jubiläum eine paneuropäische werden - diese Kuh ist also vom Eis.

Aber was kommt danach, 2024? Die Vergabe dieser EM steht jetzt an. Ein mehr und mehr totalitär geführter Staat wittert da seine Chance: Die Türkei würde schon wollen… Dazu treibt ein skandinavischer Verbund aus Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark seine Gedankenspiele voran. Ökonomisch sinnvoll, aber ob das gut ist für die Identifikation der Menschen mit so einem Event?

Bliebe noch der DFB. Der wird sich wohl für die EM 2024 bewerben. Deutschland und Fußball - das passt. Bisher zumindest. Dachten wir. Aber wie war das noch im Nachgang des Sommermärchens von 2006? Korruption, Intransparenz auch hier. Selbst die vermeintliche Lichtgestalt des Fußballs, KaiserFranz Beckenbauer, mittendrin. Schöner als damals, vor zehn Jahren, wird es ohnehin nicht mehr werden. Und erfolgreicher als bei der WM in Brasilien kann Deutschland auch nicht kicken.

Lass stecken, will man den DFB-Oberen zurufen und versonnen Sticker-Alben aus den 1970ern durchblättern.
 

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