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Politik

Das Ende des Vertrauens

Thofern Uta 62 Latin Berlin 201503 18
Uta Thofern
25. Dezember 2017

Ob die Begnadigung des Ex-Diktators Fujimori nun ein schmutziger Deal war oder nicht, ist beinahe egal. Perus Staatspräsident Kuczynski hat das Vertrauen seiner Wähler auf jeden Fall verspielt, meint Uta Thofern.

Bild: picture alliance/dpa/Presidencia/Agentur Andina

Was für eine Bescherung! Rechtzeitig zum Christfest wird Perus Ex-Diktator Alberto Fujimori begnadigt. Ein Mann, der erwiesenermaßen für die Ermordung von 25 Zivilisten verantwortlich ist und dafür verurteilt wurde, der während seiner Amtszeit im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts Todesschwadrone auf politische Gegner angesetzt hat, der die Zwangssterilisierung zehntausender indigener Frauen anordnete. Einer der letzten Diktatoren Lateinamerikas scheint über seine einflussreiche Familie immer noch die Fäden im Land zu ziehen.

Dass der politisch schwer angeschlagene Präsident Pedro Pablo Kuczynski die Begnadigung dieses Verbrechers aus humanitären Gründen gewährt haben soll, fällt schwer zu glauben. Nur eine schwere Erkrankung rechtfertigt in Peru eine Begnadigung, aber Fujimori ist schon länger herzkrank und Kuczynski hatte sein Gnadengesuch dennoch mehrfach abgelehnt. Zwar wurde der 79-jährige Fujimori am Samstag wegen Herzrasens aus dem Gefängnis in eine Klinik verlegt, aber offensichtlich ist er munter genug, um zu telefonieren und mit seinem Sohn Kenji Selfies zu machen. Sogar ein, wenn auch deutlich angestrengtes, "feliz navidad" konnte der Ex-Diktator schon in die Welt der sozialen Netzwerke senden.

Der Präsident hat keine Freunde mehr

So spricht doch vieles dafür, dass diese Begnadigung tatsächlich das Ergebnis eines schmutzigen Deals ist. Kuczynski entkam der Amtsenthebung letzte Woche höchst überraschend nur deshalb, weil einige Abgeordnete der Partei von Fujimoris Tochter Keiko nicht gegen ihn stimmten – und zwar auf Betreiben von Sohn Kenji. Vater Alberto soll aus dem Gefängnis heraus mit Abgeordneten telefoniert haben, um sie davon zu überzeugen, nicht gegen den verhassten Präsidenten Kuczynski zu stimmen. Die Fujimori-Partei hat die Mehrheit im Parlament, und auch andere Parteien waren nicht mehr von Kuczynski überzeugt, so dass sein politisches Schicksal besiegelt schien. Was für ein unglaublicher Zufall, dass nun, drei Tage nachdem Kenji Fujimori für Kuczynski warb, derselbe Kenji strahlend am Krankenbett seines Vaters sitzt und dem Präsidenten dankt!

Uta Thofern leitet die Lateinamerika-Programme der DW

Kuczynski hat sich mit der Begnadigung auf lange Sicht keinen Gefallen getan. In Lima gab es bereits kurz nach der Entscheidung erste Proteste, in den sozialen Netzwerken sprechen seine Anhänger von Verrat. Schließlich hatten viele ihn 2016 nur gewählt, um einen Sieg von Keiko Fujimori zu verhindern. Die Fujimoristas wiederum werden Kuczynski trotz aller Freude über die Freilassung ihres Idols nicht plötzlich unterstützen, er bleibt ihr politischer Gegner. Und Freunde hat er jetzt nicht mehr.

Von Kuczynski hätte man Bestechlichkeit am wenigsten erwartet

Der Präsident hat seine Glaubwürdigkeit endgültig verspielt, und dem Vertrauen in die Politik in Lateinamerika einen weiteren Tiefschlag versetzt. Der wenig charismatische, aber dafür welterfahrene Ökonom galt immerhin bis vor kurzem noch als verlässlicher Makler und skandalfrei. Peru ist zwar politisch immer noch tief gespalten, steht aber wirtschaftlich gut da. Der gelassene, liberal-konservative Kuczynski schien der Richtige, um das Land vor der Versuchung des Populismus von links oder rechts zu bewahren. Doch schon sein Umgang mit den Korruptionsvorwürfen gegen ihn, die in das Amtsenthebungsverfahren mündeten, war, gelinde gesagt, ungeschickt. Wahrscheinlich hat er wirklich keine illegalen, sondern nur legale Geschäfte mit der brasilianischen Korruptionskrake Odebrecht gemacht. Aber Kuczynskis Verteidigung zeugte von politischer Instinktlosigkeit und unglaublicher Abgehobenheit; wirklich überzeugend war sie nicht.

Mit Fujimoris Begnadigung dürfte Kuczynski nun auch den letzten zweifelnden Anhänger verloren haben. Völlig unabhängig davon, was sich wirklich im Hintergrund abgespielt haben mag: Der Präsident trägt nun das Schild "bestechlich" um den Hals. Einer mehr in der politischen Klasse Lateinamerikas, aber einer, von dem man es am wenigsten erwartet hätte. Kuzcynski hat ein sehr schlechtes Signal für die Zukunft gesetzt.

Uta Thofern Leiterin Lateinamerika-Redaktionen, Schwerpunkt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte