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Kommentar: Das Ende einer Dynastie ?

Oliver Pieper29. Juni 2009

Die Argentinier haben der peronistischen Präsidentin Cristina Kirchner und ihrem Mann Nestor einen saftigen Denkzettel verpasst. Bei der Parlamentswahl erlitt das Regierungslager eine herbe Niederlage.

Bild: AP

Als Cristina und Nestor Kirchner Mitte 2007 am Küchentisch darüber debattierten, wer von den beiden bei den argentinischen Präsidentschaftswahlen Ende des Jahres antreten solle, einigte sich das Ehepaar relativ schnell auf Cristina. Der Rollentausch versprach schließlich viele Vorteile: Cristina ging als unbelastete Kandidatin ins Rennen, versprach aber trotzdem, die erfolgreiche Politik ihres Mannes fortzuführen. Nestor würde die Zeit nutzen, seine Macht in der Peronistischen Partei weiter auszubauen. Und wenn alles glatt lief, könnte Nestor bei den Präsidentschaftswahlen 2011 seine Frau wieder ablösen – eine zwölfjährige Kirchner-Dynastie bis 2015 wäre damit perfekt. Ein fast perfekter Plan – seit diesem Sonntag ist es aber mehr als unwahrscheinlich, dass es so kommen wird.

Nestor Kirchner wird in Buenos Aires abgestraft,...

Bild: AP

"Das ist nicht nur irgendeine weitere Wahl" hatte Nestor Kirchner vor den Parlamentswahlen getönt und den Urnengang nicht nur zu einer Abstimmung über die Zukunft der Kirchners, sondern auch zu einer Richtungsentscheidung zwischen der Fortführung des so genannten 'nationalen und populären Projekts' und dem Rückfall in neoliberale Zeiten der Menem-Ära hochgejazzt. In der bevölkerungsreichsten Provinz, dem Großraum Buenos Aires, wo 40 Prozent der stimmberechtigten Argentinier leben, fiel die Antwort relativ deutlich aus, obwohl Nestor Kirchner die Niederlage klein zu reden versuchte. Nur ein Drittel der Wähler stimmten für den ehemaligen Präsidenten, der mit einem juristischen Trick überhaupt erst in Buenos Aires kandidieren konnte. Zwar betrug der Abstand zu dem siegreichen konservativen Unternehmer Francisco de Narvaez nur zwei Prozentpunkte, doch der Nimbus Nestor Kirchners bekam damit mehr als nur einen gehörigen Kratzer ab.

...Cristina Kirchner in ganz Argentinien

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Und auch Cristina ist nach anderthalb Jahren an der Macht nur noch eine Präsidentin auf Zeit: mit dem Vorziehen der Wahl von Ende Oktober auf Ende Juni wollte die 'Primera Dama' das Schlimmste verhindern und negativen Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zuvorkommen. Doch mit dem Verlust der Macht im Senat und auch im Abgeordnetenhaus ist die Präsidentin zu einer Politik gezwungen, die den Kirchners so gar nicht liegt: zuhören und Kompromisse eingehen. Schon Nestor hatte mit Dekreten am Parlament vorbei regiert, Cristina flog mit diesem autoritären Regierungsstil mächtig auf die Nase: den Machtkampf mit den mächtigen Bauernverbänden um die von den Kirchners forcierte Erhöhung der Exportsteuer für Agrarprodukte verlor sie mit Pauken und Trompeten, nachdem die Landwirte das Land wochenlang lahm gelegt hatten. Als dann noch Vizepräsident Julio Cobos bei der entscheidenden Abstimmung im Kongress gegen die eigene Regierung stimmte, war die Autorität Christina Kirchners endgültig dahin.

Ist die Kirchner-Epoche 2011 vorbei ?

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Die Kirchners haben angekündigt, ihre bisherige Regierungspolitik fortsetzen zu wollen. Sollte dies bedeuten, auch in Zukunft Statistiken zu der mittlerweile wieder galoppierenden Inflation zu fälschen, sich weiter aus den Rentenkassen zu bedienen, um die leeren Staatskassen wieder mit flüssigem Geld zu füllen und auf 800.000 Dollar schwere Koffer des venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez zu hoffen, könnten die Kirchners schon vor 2011 da sitzen, wo sie eigentlich jetzt schon jede freie Minute ihrer Freizeit verbringen: an einem Küchentisch in ihrer Heimat El Calafate in der Provinz Santa Cruz – als Privatiers.