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Kommentar Sachsen-Wahl

Volker Wagener1. September 2014

Sachsen hat gewählt und obwohl die CDU mit knapp 40 Prozent der klare Sieger ist, haben die Konservativen ein Problem: Sie haben eine neue Konkurrenz von rechts und das ist schlecht, findet Volker Wagener.

Landtagswahlen in Sachsen 2014 AfD Lucke
Bernd Lucke, Bundesvorsitzender der "Alternative für Deutschland" freut sich über fast zehn Prozent in SachsenBild: picture-alliance/dpa

Das Gespenst ist wieder da. Es steht rechts. Zehn Prozent für die Partei mit dem harmlosen Namen "Alternative für Deutschland" (AfD) bedeuten deren ersten Einzug in ein Länderparlament. Doch die AfD lockt mit Europa-kritischen und Euro-feindlichen Thesen, fordert Verschärfungen im Asylrecht und will selbstverständlich mit harter Hand gegen die Kriminalität kämpfen. Ansonsten bietet sie "heile-Welt-Themen" (mehr deutsche Musik im Radio!) aller Art.

Es ist der klassische Stoff der Rechtspopulisten, der bürgerlich getarnt daher kommt. Und er wirkt. Aber zehn Prozent für eine Partei, die manche hart am Rande der Verfassungsmäßigkeit verorten, kommen vor allem dann zustande, wenn - wie am Sonntag geschehen - nur 48 Prozent der Wähler an die Urnen gehen. Damit hat die CDU nun ein altes Problem erneut am Hals: Rechts von ihr tut sich was. Denn wenn auch die Nationaldemokraten (NPD) knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert sind, muss man sie zusammen mit der AfD rechts von den Unionsparteien ansiedeln. 15 Prozent der Wähler stehen rechts von der CDU - genau das wollten die Unionsparteien immer schon verhindern!

Strauß und "Rechts von uns ist nur noch die Wand"

"Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben!", formulierte der legendäre Franz-Josef Strauß 1986 im bayerischen Landtagswahlkampf. Strauß und seine CSU, Schwesterpartei der CDU, markierten damals den äußersten rechten Rand im deutschen Parlamentarismus. Aus guten historischen Gründen sollte das auch so bleiben. Umsonst! Kurz vor dem Mauerfall zogen die rechtsextremen "Republikaner" mit sieben Prozent ins Europa-Parlament ein. Jahrelang mussten CDU/CSU mit einer Konkurrenz leben, die ab 1992 vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Doch das Thema hat sich längst überlebt.

Die zehn Prozent der AfD in Sachsen mischen nun erneut die Konservativen auf, nachdem die EU-Skeptiker seit Juni bereits im Europa-Parlament sitzen und bei der Bundestagswahl im Herbst vergangenen Jahres nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind. Unter Angela Merkel ist die Union so weit in die politische Mitte gerückt, dass viele Mitglieder unter dem Verlust des Markenkerns leiden. Was konservativ ist, wurde für Mainstream-Programmatik geopfert, getreu dem Motto: Wahlen werden in der Mitte gewonnen. Kein Wunder, dass Erbstücke rechter, bürgerlich-konservativer Gesinnung nun im Sortiment der AfD auftauchen.

DW-Redakteur Volker WagenerBild: DW

Sonderfall Sachsen

Mit dem Sieg in Sachsen ist die AfD auch auf der innenpolitischen Bühne Deutschlands angekommen. Es mag Zufall sein, weil das Bundesland im Osten im Reigen der anstehenden Landtagswahlen als erstes an die Urnen rief. Aus rationalen Gründen sind die zehn Prozent für die AfD und die fast fünf Prozent für die NPD nicht nachvollziehbar: Unter allen fünf Ost-Bundesländern steht Sachsen am besten da. Wirtschaftlich geht es dem Land gut, der Ausländeranteil liegt bei nur drei Prozent.

Kein Grund also für diffuse Ängste vor Überfremdung und sozialem Abstieg. Und doch verfängt die Rhetorik der NPD und auch der AfD bei einem Teil der Wähler mit Themen, die Ressentiments schüren. Wenn sich dieser Trend für die AfD bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen in drei Wochen bestätigen sollte, muss die Union reagieren. Totschweigen und ignorieren kann dann keine Lösung mehr sein. Warum also nicht offensiv ein Koalitionsangebot machen? In Regierungsverantwortung haben schon andere Parteien Farbe bekennen müssen und sind innerhalb einer Legislaturperiode als unfähige Polemiker entlarvt worden.

Freude auf unterstem Niveau: die SPD

Man muss nicht SPD-Sympathisant sein, um die politische Blutarmut der Sozialdemokratie in ihrem Mutterland zu beklagen. Ferdinand Lassalle hatte 1863 im sächsischen Leipzig den „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ ins Leben gerufen. Die Geburtsstunde der späteren SPD. Am Sonntag (31.8.) haben die Sozialdemokraten satte zwei (!) Prozent dazu gewonnen. Sie liegen jetzt bei zwölf Prozent! Darüber haben sie sich gefreut. Drei Prozent weniger als NPD und AfD zusammen. Auch das ist gespenstisch.

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