Kommentar: Davos 2010 - eine neue Zeitrechnung
30. Januar 2010Das Weltwirtschaftsforum in den Schweizer Bergen hat wieder jede Menge Staats- und Regierungschefs und hunderte von Top-Managern angelockt. Sie haben sich in unzähligen Veranstaltungen, Panels und Hintergrundkreisen die Köpfe heiß geredet und auf vielen Empfängen und Partys Kontakte geknüpft und Geschäfte angebahnt.
Auch ein hehres Motto wurde wieder gefunden. Denn das gehört nun einmal zum Weltwirtschaftsforum wie das Käsefondue zur Schweizer Berghütte: Die Welt zu überdenken, umzugestalten und zu erneuern. Nicht mehr und nicht weniger hatte Forums-Gründer Klaus Schwab den knapp 2500 Teilnehmern aus aller Welt in ihre mobilen Endgeräte diktiert.
Irgendwie anders
Doch war es irgendwie anders im Jahr zwei nach der dramatischen Finanz- und Wirtschaftskrise. 2010 kamen zum Beispiel deutlich mehr Banker, Fondsmanager und Risikokapitalgeber nach Davos als noch 2009. Äußerlich zurückhaltend und beinahe bescheiden suchten sie hinter den teuren Kulissen der Luxushotels nach Verbündeten im Kampf gegen die Reformpläne von Barack Obama. Sie wehren sich gegen eine staatlich verordnete Trennung von Kundengeschäft und Investmentbanking.
Die Politik zeigte sich davon unberührt. In Abwesenheit des US-Präsidenten übernahm Frankreichs Präsident Sarkozy die Rolle des Moral-Predigers. Er las der Finanzindustrie mit deutlichen Worten die Leviten. Eine klare Ansage - auch das ist neu in Davos im Vergleich zu den vergangenen Jahren.
Gewinner der Krise
Ebenfalls ungewohnt für das Weltwirtschaftsforum: Die sogenannten Schwellenländer bekommen mehr und mehr Oberwasser und damit Einfluss und Gehör in Davos. Sie sind die Gewinner der Krise.
Die Deutschen haben eine untergeordnete Rolle gespielt. Erst recht nach der kurzfristigen Absage von Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle. Aber das war auch in den vergangenen Jahren häufig so.
Autor: Marco Vollmar
Redaktion: Oliver Samson