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Politik

Der beliebte Herr Schulz

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Jens Thurau
9. Dezember 2016

Für Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidaten gibt es genug gute Gründe, auch der jüngste ARD-Deutschlandtrend liefert Argumente. Jetzt muss nur noch die SPD springen und sich für ihn entscheiden, meint Jens Thurau.

Bild: Getty Images/J. Taylor

Wer zuviel hineinliest in Umfragen über die politische Stimmung, kann leicht kirre werden - zumal neun Monate vor der Wahl. Aber so kann man die neusten Zahlen von Infratest-dimap vielleicht doch zusammenfassen: Ein bisschen müde sind die Deutschen mit ihrer Kanzlerin. Sie vertrauen ihr schon noch, aber das Gefühl ist da, dass es irgendwie so weitergeht mit ihr wie bisher. Und dass es das eigentlich nicht sollte.

Sehnsucht nach Veränderung

Dass nicht nur ein paar Stellschrauben neu justiert werden müssten, sondern dass so etwas wie ein Aufbruch begonnen werden müsste, möglichst nicht einer in den Populismus. Nur: Es ist keiner da, der an Merkels Stelle treten könnte, keine echte Alternative. So, wie es Gerhard Schröder 1998 war, nach den endlosen Jahren mit Helmut Kohl. Wirklich keiner? Oder ist es dann doch Martin Schulz?

Merkel und Schulz gleich beliebt

Die Zahlen sind erstaunlich: Merkel und Schulz sind gleich beliebt, 57 Prozent der Befragten mögen sie, und das, obwohl Schulz ja eigentlich noch gar nicht so bekannt sein kann im Wahlvolk. Und bei der aussagekräftigeren Frage ("Wen würden Sie direkt zum Kanzler wählen?") liegt Merkel nur sieben Prozentpunkte vor Schulz (43:36), aber deutlich vor Gabriel.

Gabriel unter Wert geschlagen

Das ist - so fair muss man sein - ungerecht Sigmar Gabriel gegenüber. Er hat die SPD in schwerer Zeit übernommen, ist jetzt schon so lange SPD-Chef wie keiner nach Willy Brandt. Und er hat das erste Zugriffsrecht, wenn es um die Kanzlerkandidatur geht - was denn sonst? Er ist, das vergisst man leicht, ein großer Wahlkämpfer, ob Martin Schulz das so kann, muss sich erst noch herausstellen. Und zuletzt hat Gabriel Frank-Walter Steinmeier als einzigen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl durchgesetzt, gegen die Kanzlerin, was ein echter Coup war.

Mit Schulz etwas wagen

Aber das hilft ja alles nichts: Gabriel wird sein Image, unberechenbar zu sein, nicht los. Und er ist - auch wenn er persönlich wenig dafür kann - das Signal, dass es eben alles so weitergeht wie bisher, dass an Stellschrauben gedreht wird und nicht an größeren Rädern. Martin Schulz aber ist dann schon eher das Signal zum Aufbruch. Er kann die Kanzlerin glaubwürdiger angreifen, weil er nicht mit der Großen Koalition verbunden wird. Noch profitiert seine Partei kaum davon, dass er demnächst in Berlin ankommt. Wie auch? Was er genau tun soll, ist ja offen. Aber wenn die SPD sich nicht mit 22 der 23 Prozent zufriedengeben will, wenn sie bereit ist, auch für - sagen wir - 26, 27 oder 28 Prozent Neuland zu betreten, dann muss sie sich für Martin Schulz entscheiden.

DW-Korrespondent Jens Thurau

Spring, SPD!

Ein Teil der Verdrossenheit, der den Populisten Wähler zutreibt, entsteht auch, weil den Menschen keine Alternativen mehr geboten werden. Martin Schulz wird Angela Merkel wohl kaum schlagen können, aber er kann den Abstand verkürzen. Anders ausgedrückt: Die SPD könnte Sportsgeist zeigen, wenn sie sich für ihn entscheidet. Das wäre doch schon mal was in diesen bleiernen und gleichzeitig so beunruhigenden Zeiten. Spring, SPD!

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