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Politik

Auf Wiedersehen, Freunde!

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
20. Dezember 2019

Nach Jahren des Streits und des politischen Dramas ging das Brexit-Gesetz am Ende quasi kampflos über die Bühne. Boris Johnson steuert jetzt zielstrebig auf eine harte Scheidung von der EU zu, meint Barbara Wesel.

So wie die Opposition im britischen Parlament war am Ende auch der Widerstand gegen den Brexit völlig zusammen gebrochen. Noch im Sommer hatte die Protestbewegung eine Million Bürger auf die Straßen Londons gebracht. Aber nach seinem Wahlsieg wurde die Abstimmung über das EU-Austrittsgesetz für Boris Johnson ein einfacher Durchmarsch. Es war fast schockierend, wie alle Argumente nicht nur gegen den Brexit, sondern auch für ein künftig enges Verhältnis zur EU spurlos verhallt waren.

Der Premierminister kann jetzt durchregieren, und er verfolgt den härtest möglichen Brexit. Er betont, dass er EU-Regeln und -Gesetzen nicht mehr folgen will, und das bedeutet für das künftige Verhältnis: Boris Johnson will bestenfalls ein minimalistisches Freihandelsabkommen. Das ganze Gerede über "Kanada plus" und den großartigen Vertrag, den er mit der EU abschließen wolle, ist nur leere Rhetorik. Dahinter steht das bekannte Projekt rechter Tories, Großbritannien noch weiter zu deregulieren und in eine Art internationalen ökonomischen Freibeuter zu verwandeln.

Das Parlament verliert die Kontrolle

Dazu passt, dass der Premierminister alle Zugeständnisse aus dem Austrittsgesetz entfernt hat, die noch auf Theresa May zurück gingen. Das Parlament zum Beispiel verliert die Kontrolle über das Freihandelsabkommen mit der EU. Das ist eine fast ironische Wendung, hatten doch die Befürworter des Brexit immer argumentiert, man wolle die politische Kontrolle für die "Mutter der Parlamente" zurückzugewinnen. Das war gelogen, wie eigentlich alles, was zugunsten der Scheidung von Europa angeführt wurde.

DW-Europakorrespondentin Barbara Wesel

Auch die Anerkennung von Arbeitnehmerrechten nach EU-Standards ist gekippt, die Familienzusammenführung für Flüchtlingskinder und eigentlich alles, was dem Austritt einige der schärfsten Kanten hätte nehmen sollen. Der Sieg gehört den harten Brexiteers, die einen totalen Schnitt mit der EU und noch die letzten Bindungen zerreißen wollen. Das Triumphgeheul aus ihren Reihen ist nicht zu überhören und Boris Johnson ist ihr Mann, ihr Regierungschef. Er ist eben nicht der gemäßigte Konservative der politischen Mitte, als der er sich noch im Wahlkampf darstellte.

Nachdem die Bahn frei ist für den harten Brexit, wie Boris Johnson und seine Partei ihn verfolgen, betreibt der Premierminister jetzt eine perfide Art von Gehirnwäsche: Er will das Wort Brexit einfach aus dem politischen Alltag tilgen. Das Brexit-Ministerium wird geschlossen und über die Trennung von Europa soll nicht mehr geredet werden. Sie hat das Land tief gespalten, und Johnson will das dadurch beenden, dass nicht mehr darüber geredet werden darf.

Politik aus dem Handbuch für Rechtspopulisten

Alles was der britische Regierungschefs hier tut, stammt aus dem Handbuch für Rechtspopulisten. Die endlose Wiederholung von Lügen, bewusste Realitätsverleugnung, pausenlose Übertreibungen und Bewusstseinskontrolle durch Propaganda - das alles kennen wir von populistischen Regimen in aller Welt. Was Boris Johnson jetzt in Großbritannien anstrebt, riecht und klingt verdächtig ähnlich. Dazu passt, dass er die Axt an die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Senders BBC legen will. Obwohl die Journalisten den Brexit eher zu wenig hinterfragt haben, sind sie ihm noch zu unabhängig und nicht linientreu genug.

Die Regierungschefs der EU und die Verhandlungsführer in Brüssel können angesichts des neuen Kurses in London gar nicht vorsichtig genug sein. Angela Merkel hatte Recht, als sie schon vor Monaten warnte, die Briten könnten von guten Nachbarn zu scharfen Konkurrenten werden. Niemand sollte sich von Boris Johnson einlullen lassen, wenn er von "guten Freunden und Partnern auf dem Kontinent" spricht. Er meint das nicht, es ist geheuchelt und nur Teil seiner Fassade, die er so kultiviert wie seinen ungekämmten Haarschopf.

Es ist bitter aber wahr, dass man dieser neuen britischen Regierung mit Misstrauen begegnen und sich gegen Tricks aller Art wird wappnen müssen. Boris Johnson kann man so weit trauen, wie man ihn werfen kann - und das gilt genauso für seinen Brexit-Unterhändler Michael Gove. Beide werden alles tun, um die Europäer über den Tisch zu ziehen. Bei den Verhandlungen über das künftige Verhältnis, über ein Freihandelsabkommen und was sonst noch auf den Tisch kommt, muss die EU mit den Briten umgehen wie mit einem Gegner. Das ist das bittere Ende einer in Jahrzehnten aufgebauten Nachbarschaft.

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