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Kommentar: Der FIFA neue Kleider

Astrid Prange (z. Zt. in Rio de Janeiro)8. Juli 2014

Spätestens der Ticketskandal macht klar: Nicht das Land Brasilien, sondern die FIFA ist der Schwachpunkt dieser WM, kommentiert Astrid Prange aus Rio de Janeiro.

Ein Fan wird beim Ticketverkauf von der Polizei angehalten (Foto: Celso Sarmento/Getty Images)
Bild: Getty Images

Die Kaiserin FIFA ist nackt. Brasiliens Kriminalpolizei hat das Unmögliche möglich gemacht. Sie hat die Herrscherin des Weltfußballs entblößt. Unmittelbar vor dem Höhepunkt der WM in Brasilien, dem Endspiel im Maracana, steht die FIFA nicht mehr auf dem Siegerpodest, sondern sitzt auf der Anklagebank.

Bis vor kurzem war dieser Platz noch fest für das Gastgeberland Brasilien reserviert. Die FIFA wurde nicht müde, die schleppenden Vorbereitungen für das sportliche Spektakel zu kritisieren. Viele Stadien entsprachen nicht dem von ihr vorgeschriebenen Niveau. Viele wurden erst in letzter Minute fertig. Die FIFA bangte um den Komfort und um die Sicherheit der Fußballfans aus aller Welt.

Doch nun hat sich die Lage ins Gegenteil verkehrt. Nicht mehr Brasilien, sondern die FIFA muss sich schwere Vorwürfe gefallen lassen. Die Liste der Verfehlungen ist lang. Der FIFA-Vertragspartner "Match Services" soll in den illegalen Verkauf von WM-Tickets verstrickt sein. FIFA-Schiedsrichtern wird vorgeworfen, grobe Körperverletzungen auf dem Spielfeld zu übersehen. Und FIFA-Sicherheitskräfte waren nicht in der Lage, die Sicherheit der Zuschauer im Stadion zu garantieren.

DW-WM-Reporterin Astrid PrangeBild: DW/P. Henriksen

Das FIFA-Debakel offenbart, wie schlecht der Weltfußballverband und die Weltöffentlichkeit über das größte Land Lateinamerikas informiert sind. Die Kritik der FIFA an den Verzögerungen beim Stadionbau und der prekären Infrastruktur passte nur allzu gut in das herkömmliche Klischee von Brasilien. Sonne, Samba, Fußball und Karneval, und natürlich Korruption - damit schien das sympathische, aber ferne Land hinreichend beschrieben.

Doch die Zeiten, in denen der Globus klar aufgeteilt war, in die sogenannte Erste Welt der reichen Industrieländer, und die Dritte Welt armer Entwicklungsländer, sind endgültig vorbei. Nicht nur die Wirtschaft hat sich globalisiert, auch das Wissen, die Sehnsucht nach Demokratie - und natürlich der Fußball. In Brasilien sind Millionen von Menschen vor einem Jahr auf die Straße gegangen, um gegen Korruption zu protestieren. Die Wut richtete sich nicht nur gegen die eigene Regierung, sondern auch gegen die FIFA.

Die FIFA scheint dies nicht verstanden zu haben. Brasilien ist kein Land, das vor der FIFA ergeben auf die Knie fällt, sondern ein demokratischer Rechtsstaat. Die hervorragende Arbeit der brasilianischen Staatsanwaltschaft stellt dies erneut unter Beweis. Hätten die Ermittler auf die vielfach von der FIFA beschworene Kooperation vertraut, sie wären wohl bis heute kaum vorangekommen.

Brasilien hat die Allmacht der FIFA gebrochen. Ihre neuen Kleider sind durchsichtiger als es ihr lieb sein kann. Die Kaiserin hat ausgeteilt, nun muss sie einstecken. Und sie erfährt, dass sie, wie ihre Untertanen auch, nicht über dem Gesetz steht. Es ist bezeichnend, dass die FIFA diese Lektion ausgerechnet in Brasilien lernen muss.

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