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Politik

Der Frieden ist die wahre Schönheit Kolumbiens

Jose Ospina-Valencia
José Ospina-Valencia
26. November 2017

Frieden ist eine zivilisatorische Errungenschaft. Ein nationaler Wert, auf den die Kolumbianer nicht stolz genug sind, meint José Ospina-Valencia ein Jahr nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens.

Bild: DW/M. Kopp

Wir Kolumbianer wollen gern international anerkannt und gelobt werden. Grundsätzlich erwarten wir, dass ausländische Besucher uns sagen, wie wunderschön Kolumbien doch ist. Das stimmt ja auch, aber dafür können wir nichts. Schon Alexander von Humboldt schrieb vor 217 Jahren in die europäische Heimat, die Üppigkeit der Landschaft in Kolumbien sei so überwältigend, dass er verrückt würde, wenn diese Wunder nicht aufhörten.

Viele Kolumbianer scheinen in dieser naturalistischen Wahrnehmung gefangen zu sein: Sie lassen die Landschaften für das Land sprechen, die rohe Realität des Bruderkriegs wollten sie nicht wahrhaben. Das Friedensabkommen, vom kolumbianischen Parlament am 24. November 2016 ohne Gegenstimme gutgeheißen, scheint für sie kein Fortschritt zu sein, auf den man stolz sein kann.

"Kolumbien ist schön… und Punkt!"

Diese bequeme Haltung ist übrigens einer der "Kollateralschäden" des 53-jährigen Bruderkriegs: Die wachsende Grausamkeit aller Konfliktparteien, von den Guerrillas über Paramilitärs bis hin zur Drogen- und Bergbaumafia und den Streitkräften ließ die Menschen abstumpfen. Millionen von Kolumbiannern hatten die täglichen Nachrichten über Massaker, Entführungen und Sprengungen von Ölleitungen so satt, dass sie lieber eine Telenovela schauten, als zu erfahren, welche Ortschaft das jüngste Opfer der Grausamkeiten geworden war.

Prächtige Natur im Nationalpark Sierra de la MacarenaBild: PNN/C. Byfield

Frieden zu schließen kann schwieriger sein, als den Krieg weiter zu führen. Wie soll man jemandem, dessen Eltern, Söhne, Familienangehörige oder Freunde von der Guerilla oder den Paramilitärs ermordet wurden, erklären, dass eine Fortführung des Blutbades diese Verluste nicht wieder gut macht?

Frieden ist imperativ

Frieden zu schließen ist kein Märchen, das nur der jetzige Präsident Juan Manuel Santos erzählt. Es ist immer ein Imperativ der Verfassung gewesen. Und alle Kolumbianer müssen diesem Friedensabkommen Leben einhauchen. Stattdessen wurden im Land im ersten Jahr nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens rund 200 Anführer von Bauern, Schwarzen und Ureinwohnern ermordet. 
Die Kolumbianer haben nicht viel Zeit, das "anständige Land" zu schaffen, das viele sich erhoffen, und dabei gleichzeitig das "schöne Land" zu erhalten. Denn auch die Zerstörung der Natur hängt mit dem bewaffneten Konflikt und seinen Ursachen zusammen, mit der sozialen Ungleichheit und mit der Tatsache, dass die Regierung in vielen Regionen das Gewaltmonopol noch nicht wieder zurückgewonnen hat. Wenn beispielsweise der Bergbau weiter geht wie bisher, wird weiterhin viel Gold gefördert werden. Aber die Moore, die die "schönen Landschaften" bewässern, wird es nicht mehr geben.

José Ospina-Valencia arbeitet für die DW-Lateinamerika-RedaktionBild: DW

Ein würdiges Denkmal

Also, an die Arbeit! Viele Menschen sind schon kräftig dabei, sie haben durch den Friedensprozess die Angst verloren, anders zu denken und zu sein. Hunderte von Bürgerinitiativen haben die neuen demokratischen Freiräume erschlossen und kämpfen für soziale Gerechtigkeit oder gegen Umweltverschmutzung. Damit vergessen sie nicht etwa die Opfer des Bruderkriegs, sondern sie nehmen ureigene Rechte wahr. Wenn Kolumbien die Demokratie für stabilisiert und für alle Menschen wirkliche Gleichheit vor dem Gesetz erreicht, dann ist das würdigste Denkmal für die Opfer errichtet. 

Wer gern die Nationalhymne mit einer Hand auf dem Herzen singt, der soll das weiterhin tun - aber nicht neben Särgen, sondern zu Ehren der Demokratie, der wahren Schönheit des Landes

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