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Der letzte teure Versuch

15. August 2015

Die Finanzminister der Euro-Länder wollen der Regierung in Athen eine letzte Chance geben. Daher haben sie beschlossen, dass in Griechenland alles gut wird. Das ist riskant, meint Bernd Riegert.

Symbobild Griechischer Euro am Abgrund (Foto: picture alliance/chromorange)
Bild: picture alliance/chromorange

Man möchte es zu gerne glauben: Die Kuh ist vom Eis. Griechenland ist gerettet. Jetzt ist nach einem halben Jahr Chaos endlich Ruhe! Doch leider wird die Einigung auf das mittlerweile dritte Hilfspaket nur eine kurze Atempause sein.

Die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland geht seit dem Regierungsantritt der Links-Rechts-Koalition, die sich verblüffenderweise immer noch an der Macht hält, rasant bergab. Die Schuldenquote wird noch weiter ansteigen und ist nicht mehr tragfähig, sagen unisono der Internationale Währungsfonds, die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank. Der IWF bekommt inzwischen kalte Füße, will aussteigen aus der Rettungsspirale und fordert einen Schuldenschnitt, und zwar einen drastischen.

IWF muss "Wachhund" bleiben"

Die Europäer wollen aber auf ihre Forderungen an Griechenland nicht verzichten, sie höchstens strecken, auch aus pädagogischen Gründen. Denn was Griechenland an Schuldenerlass gewährt wird, könnten in künftigen Krisen auch Italiener, Franzosen, Spanier fordern. Der Streit um die Schuldentragfähigkeit ist nicht beigelegt und wird uns spätestens im Oktober wieder beschäftigen.

Ebenfalls aus pädagogischen Gründen muss der gestrenge IWF unbedingt an Bord bleiben. Er ist der Wachhund, den man ab und zu von der Leine lassen kann, wenn der Schuldner nicht spurt. Ohne IWF hätte die dreiste griechische Regierung die Gutwilligen und Nachgiebigen in der EU-Kommission, in Frankreich oder Italien vielleicht schon politisch weichgeklopft. Der IWF gibt nichts auf schöne Rhetorik von europäischer Solidarität. Für ihn zählen die wirtschaftlichen Fakten. Und die sind in Griechenland leider desaströs.

Europakorrespondent Bernd Riegert

Deshalb tut Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gut daran, auf der Beteiligung des IWF zu bestehen. Griechenland ist zurück in der Rezession. Es in den nächsten drei Jahren - so lange soll das Hilfspaket reichen - wieder auf den Wachstumpfad zu bringen, ist ein wirkliche Herkulesaufgabe. Zweifel, ob dieser Ministerpräsident ein Herkules sein kann, sind berechtigt. Zunächst wird sich Alexis Tsipras jetzt erst einmal seiner zerbröselnden linksradikalen Partei widmen, dann in den Wahlkampf ziehen und vielleicht eine neue Regierung bilden. So werden wieder kostbare Wochen und Monate vergehen. Außerdem: Das Wahlvolk hat in einem Referendum klar nein gesagt zu weiteren Rettungsversuchen.

Ein netter Finanzminister reicht nicht

Das Letzte, was Griechenland jetzt braucht, sind politische Unsicherheit und Instabilität. Das ist Gift für das Investitionsklima. Wer baut schon eine Fabrik oder nimmt einen Kredit auf, wenn er nicht weiß, ob das Land in ein paar Monaten nicht wieder oder immer noch am Abgrund steht? Die Euro-Minister behaupten, sie hätten wieder etwas Vertrauen in die griechische Regierung gefasst, weil der neue Finanzminister Euklid Tsakalotos so ein netter Mann ist. Das reicht aber nicht. Jetzt ist die Umsetzung der Reformen, der Umbau des Staates in Griechenland, ein ganz neues Geschäftsmodell für das Land gefragt. Ob das die Tsipras-Truppe leisten kann? Oder auch leisten will?

Wie sehr kann sich Alexis Tsipras noch verbiegen? Seine linken Wahlversprechen hat er allesamt gebrochen, er fühlt sich erpresst, hält das Hilfspaket eigentlich für einen Fehler. Und soll das jetzt umsetzen. Das passt nicht zusammen. Das wissen auch die Minister in Brüssel. Deshalb hoffen sie, dass doch noch irgendwie ein politisches Wunder in Griechenland passiert.

Das dritte Hilfspaket, das die griechischen Schulden auf 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts treiben wird (erlaubt sind laut Maastricht-Vertrag 60 Prozent), ist die letzte, die allerletzte Chance für Griechenland. Wenn die jetzt nicht genutzt wird, dann ist der Austritt aus dem Euro nicht mehr abzuwenden. Viele Fachleute bezweifeln, ob das gleiche Rezept, das mehr oder weniger auch schon beim ersten und zweiten Hilfspaket nicht gefruchtet hat, diesmal bessere Resultate bringen wird. Ist das Geld am Ende futsch und Griechenland immer noch am Boden? Nächste Woche müssen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages grünes Licht geben. In ihrer Haut möchte man nicht stecken. Ein eindeutiges Ja kann man nicht empfehlen.

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Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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