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Politik

Der Machtkampf der Rechtsabbieger

Scholz Kay-Alexander Kommentarbild App
Kay-Alexander Scholz
16. Juli 2019

Wieder ist die AfD in Deutschland in den Schlagzeilen wegen parteiinterner Kämpfe. Ein neuer Machtkampf hat begonnen - der auch ein Richtungskampf ist, meint Kay-Alexander Scholz.

Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Der Richtungsstreit in der AfD "gemäßigt" contra "fundamental" ist so alt wie die Partei selbst. Es geht - grob gesagt - darum, ob die Partei Mehrheitsbeschaffer für Christdemokraten und Liberale sein will oder - so das selbstgenannte Ziel - Volkspartei mit einer breiteren Wählerbasis. Eine solche AfD wäre klar auf Abstand zum bisherigen Parteienspektrum; das Land würde nach rechts umgekrempelt, wenn es soweit käme. Wobei "rechts" auch rechtsextrem einschließt. Der Verfassungsschutz guckt schon genauer hin.

Der zuweilen blutige Kampf kostete schon zwei Parteivorsitzende das Amt. Dass Björn Höcke, Frontmann der Fundamentalen und Scharnier der Rechtsextremen, nun diesen sogenannten Flügelstreit neu entfacht, hat mehrere Gründe.

Wahlen, die Macht des Sieges und die Frage: Wer hat Recht?

Einer der Gründe ist: Höcke selbst steckt gerade im Wahlkampf. Gewählt wird im Herbst aber nicht nur in seinem Bundesland Thüringen, sondern auch in Brandenburg und Sachsen. Im direkten Vergleich mit seinen Parteifreunden in den beiden Ländern steht Höcke viel schlechter da - während die AfD in Sachsen in Wählerumfragen der CDU auf den Fersen ist und in Brandenburg der SPD, hält die CDU in Umfragen in Thüringen die AfD auf Abstand. Bundesweite Schlagzeilen wie jetzt können da nicht schaden. Populisten ernähren sich von Aufmerksamkeit, egal welcher Couleur.

DW-Politik-Journalist Kay-Alexander Scholz

Eine andere wichtige Wahl folgt - eine parteiinterne. Anfang Dezember soll ein neues Führungsteam der Gesamtpartei gekürt werden. Bislang ist der radikale "Flügel", wie er sich selber nennt, dort nicht sonderlich stark vertreten, obwohl geschätzt 40 Prozent der Partei-Funktionäre dazu gehören, wie auf Delegierten-Parteitagen zu erleben ist. Das müsse anders werden, hat Höcke nun gerufen.

Höcke als Parteivorsitzender?

Soll er doch selber antreten, kam es nun aus verschiedenen Landesverbänden zurück - verbunden mit der Hoffnung, dass er scheitert. Höcke selbst sagt bislang, er trete nicht an.

An Höcke scheiden sich die Geister. Die "Gemäßigten" wollten ihn schon mehrfach aus der Partei schmeißen, was misslang. Von AfD-Funktionären ist immer wieder zu hören: Viele würden die AfD wählen, wenn da nicht der Höcke und der Personenkult um ihn wären. Er zitiert in Duktus, Gestik und Sprache die Zeiten des Nationalsozialismus - und hat sie damit in die Gegenwart gebracht.

Die sich da Sorgen machen, kommen zumeist aus den westdeutschen Landesverbänden, wo die AfD bei Wahlen nur halb so erfolgreich ist wie in Ostdeutschland. Je mehr Höcke, umso weniger Wähler im Westen und umso weniger hat man selbst im Machtgefüge der AfD noch zu sagen. Was zählt in der AfD, ist der Sieg, nicht die Moral.

Wahlen entscheiden über die Dramaturgie

Parallel wird die AfD im Osten, dort wo sie eigensinnig und radikal ist, immer stärker. Das hat zuletzt die Europawahl gezeigt. Die Folge: mehr Selbstbewusstsein nach dem Motto: Seht her, ihr Gemäßigten! Unser Weg ist doch der erfolgreichere!

So weht ein strammer Ostwind über das ganze Land und ermutigt auch die Radikaleren im Westen, wie dort zuletzt bei zwei Landesparteitagen zu erleben war.

Bislang konnte Parteichef Alexander Gauland die Fliehkräfte in der Partei unter Kontrolle halten. Ob das auch in den kommenden Monaten gelingt? Die Landtagswahlen und der sich abzeichnende Machtkampf um die Parteiführung werden die Dynamik verstärken.

Und: Sollte in Sachsen, entgegen aller Ankündigungen, eine Regierungsbeteiligung für die AfD Option werden, dann gäbe es neben Radikalen und Gemäßigten eine dritte Konfliktlinie, nämlich die um eine neue "Mitte" der Partei. Denn die Sachsen sind inhaltlich nah am Flügel, aber würden auch mit der CDU koalieren.

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