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Der unselige Rüstungswettbewerb

Christian F. Trippe8. Oktober 2014

Deutschlands Rüstungsindustrie: vor der Abwanderung ins Ausland? Der Friede in Europa: gefährdet? Die Bundeswehr: nur bedingt abwehrbereit? Der Streit um die deutsche Rüstung war überfällig, meint Christian F. Trippe.

Kampfflugzeug Eurofighter Typhoon - Foto: François Mori (AP)
Bild: dapd

Manchmal klingen die Vertreter der deutschen wehrtechnischen Industrie richtig gequält in diesen Tagen. Weil die Bundeswehr zu wenig bestellt und die Exporte ins Ausland so restriktiv gehandhabt werden, stehen viele Unternehmen mächtig unter Druck. Frank Haun, der Chef des größten deutschen Panzerbauers "Krauss-Maffei Wegmann", bezeichnete seinen Berufsstand unlängst gar als "Mätresse der Politik". Womit er die angeblich fehlende Anerkennung seiner Dienstleistungen in Berlin meinte und hinzufügte, in Paris sei das viel besser. Folgerichtig arbeitet sein Konzern an einer Fusion mit dem französischen (Noch-) Konkurrenten.

Darüber müsste sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Prinzip freuen. Er stellte jetzt klar, dass die vergleichsweise strengen deutschen Regeln zur Lieferung von Wehrtechnik an Nicht-Verbündete bestehen bleiben. Will heißen: Die deutschen Rüstungsschmieden können sich nicht über laxere Exportbestimmungen sanieren. Stattdessen wirbt Gabriel für eine Frontbegradigung in Deutschland, vornehm "Konsolidierung" genannt. Außerdem soll es mehr Zusammenarbeit in Europa geben, auch Fusionen.

Milliardenvergeudung

Zig Milliarden Euro vergeuden die Staaten Europas Jahr für Jahr für ihre Rüstung. Auf dem Markt konkurrieren viel zu viele ähnliche Waffensysteme, deren Entwicklungskosten niemals durch entsprechende Margen wieder eingespielt werden können. So fliegen in Europa drei unterschiedliche Kampfflugzeuge um die Wette und suchen nach Käufern: Die schwedische "Gripen", die französische "Rafale" und der "Eurofighter", eine Gemeinschaftsentwicklung von immerhin vier Ländern, darunter Deutschland und Großbritannien. Hinzu kommen die Muster aus den USA, die den NATO-Verbündeten ja auch zum Verkauf angeboten werden.

DW-Redakteur Christian F. TrippeBild: DW

Dabei ist der unselige Wettbewerb der Jagdflugzeuge besonders spektakulär, weil diese Flieger extrem teuer sind. Je kleiner und unspektakulärer das Waffensystem, desto mehr Anbieter, desto größer der rüstungspolitische Wildwuchs - und Wahnsinn. Nach dem Ende des Kalten Krieges sind überall im Westen die Streitkräfte massiv verkleinert worden. In den Strukturen der Rüstungsindustrie änderte sich aber kaum etwas. Die Folge waren (und sind) Überkapazitäten.

Wie gesagt, das ist sei langem bekannt. Spätestens mit der globalen Finanz- und Europas Schuldenkrise ist diese Einsicht zum Allgemeingut geworden. Einem Mantra gleich murmeln NATO-Funktionäre in Brüssel seit Jahren ihre Forderung nach "smart defence", nach intelligenter Verteidigung. Im Umkehrschluss zeigt sich: Die gegenwärtige Geldverschwendung in der Wehrtechnik ist alles andere als "smart". Sie ist dumm.

Update, sonst Absturz

Politisch wollten die großen EU- und NATO-Länder auf eine eigenständige, breit aufgestellte Rüstungsindustrie nicht verzichten - aus Gründen, die ganz tief im staatlichen Betriebssystem namens "Souveränität" nisten. Doch auch hier sind manchmal Updates nötig, sonst droht ein Systemabsturz.

Deutschland als großer Player in NATO und EU treibt die Debatte jetzt mit Macht voran: Die Bundesregierung hat schließlich auch damit begonnen, die unbedingten "Kernkompetenzen" zu definieren, also jene Rüstungsgüter zu benennen, die unter allen Umständen in Deutschland gefertigt werden sollen.

Diese Berliner Überlegungen dürften in Brüssel und Washington Wirkung entfalten. Denn die beiden sicherheitspolitisch so sorglosen Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges sind Geschichte.

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