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Politik

Deutschland bleibt zuhause - bis auf Weiteres

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Jens Thurau
6. April 2020

Während Österreich die Maßnahmen gegen die Corona-Epidemie langsam zurücknehmen will, bleibt die Bundesregierung bei ihrem Kurs: Die Einschränkungen gelten weiter, offenbar gerade, weil sie wirken, meint Jens Thurau.

Bild: picture-alliance/dpa/Revierfoto

"Ich wäre eine schlechte Bundeskanzlerin, wenn ich Ihnen jetzt ein Datum nennen würde". So Angela Merkel am Montag Nachmittag in Berlin. Es bleibt also dabei: Wann die Menschen in Deutschland wieder Freunde und Bekannte treffen können, wann Restaurants und Geschäfte öffnen, steht noch nicht fest. Zunächst gelten die drastischen Einschränkungen weiter. Und anders als Österreich präsentiert Merkel auch keinen Stufenplan mit Erleichterungen.

Schon am Wochenende hatte Merkel die Deutschen auf weitere harte Tage eingestimmt: "Wir werden ein ganz anders Osterfest erleben als je zuvor." Das war einer der entscheidenden Sätze im Video-Podcast der Bundeskanzlerin. Angela Merkel zählt darin auf: kein Gottesdienst-Besuch, kein Osterfeuer, keine Besuche bei Verwandten, keine Spaziergänge in großen Gruppen, schon gar keine Reisen irgendwo anders hin im Inland, auch nicht ins Ausland. Und das alles, obwohl selbst die Kanzlerin einräumte: Die jüngsten Zahlen des Robert-Koch-Instituts lieferten "ganz vorsichtig ein wenig Hoffnung", weil die Steigerung der Infektionszahlen geringer geworden ist.  

 Aber die absolute Zahl der Infizierten ist eben so schon hoch, sie wird weiter steigen, noch liegt das Schwerste nach Auskunft aller Experten vor uns. Und das hektische Agieren der Regierung bei der Beschaffung von Schutzkleidung und Masken zeigt, wo ein Versäumnis der Regierenden in der Corona-Krise lag und liegt: Andere Länder haben ihre Bestände schneller aufgestockt, Österreich zum Beispiel, und Deutschland muss das jetzt nachholen. Dagegen steht die immer noch vergleichsweise sehr gute Ausstattung in Deutschland mit Krankenhausbetten für Corona-Patienten. Und die Tatsache, dass die Bevölkerung die drastischen Bewegungseinschränkungen offenbar weiterhin mitträgt. Auch am vergangenen, dem ersten durchweg sonnigen Wochenende des Jahres war das der Fall.

Güterabwägung und Vertrauensvorschuss

DW-Hauptstadtkorrespondent Jens Thurau

Wie schwer es ist, in der Güterabwägung zwischen dem Schutz der Gesundheit und der Sorge um die Wirtschaft im Land das richtige Maß zu finden, macht ein anderes Detail deutlich: Schon seit mehr als drei Wochen sind die Grenzen zu einigen europäischen Ländern für die meisten Menschen geschlossen, zu Österreich etwa, zu Frankreich, zur Schweiz. Jetzt wollte Innenminister Horst Seehofer auch die Grenzen zu Polen, zu Tschechien, vor allem zu Belgien und den Niederlanden nur noch für Pendler und den Warenverkehr offen halten. Aber er stieß mit diesem Plan auf Widerstand vor allem in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Die belgisch-niederländisch-deutsche Grenzregion ist eng verwoben wie kaum eine zweite Gegend in Europa. Bis auf Weiteres ist hier also die Entscheidung für die - wenn auch eingeschränkte - Bewegungsfreiheit gefallen.

Dass die Regierung im Großen und Ganzen den Eindruck hat, die Lage im Land selbst immer besser einschätzen zu können, macht eine andere Entscheidung deutlich: Ab dem 10. April muss für 14 Tage in häusliche Quarantäne, wer nach einem mehrtägigen Aufenthalt im Ausland nach Deutschland einreist. Nicht noch einmal neue Infektionsherde aus dem Ausland hereinholen, lautet die Devise.

Zustimmung stärkt Regierung

So macht dieser Tag deutlich, wie schwer es ist, in und mit der Corona-Pandemie zu regieren: Einzelmaßnahmen müssen nachgebessert, Schwachstellen beseitigt werden. Regierungsbeschlüsse fallen in einem atemberaubenden Tempo. Der Finanz- und der Wirtschaftsminister bessern die Schnellkredite für kleine und mittlere Unternehmen nach, für leicht höhere Zinsen übernimmt der Staat die volle Haftung. Olaf Scholz, der Finanzminister, sagt dazu in aller Seelenruhe, er gehe davon aus, dass die Kredite überwiegend zurückgezahlt würden. Die Berliner Politik baut gerade auf einen riesigen Vertrauensvorschuss.

Die entscheidende Botschaft aber ist: Deutschland hat sich fürs Erste entschieden, am Kurs der drastischen Einschränkungen festzuhalten. Beflügelt worden ist die Regierung dabei auch durch die große Zustimmung, die dieser Kurs nach Umfragen in der Bevölkerung findet. Das Zutrauen der Regierung in die Menschen scheint groß genug, um ihnen auch dieses ganz andere, weniger schöne Ostern zumuten zu können. Dieses eine Mal.

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