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Politik

Deutschlands Chancen in Saudi-Arabien

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp
8. Dezember 2016

Verteidigungsministerin von der Leyen wird in Saudi-Arabien politisch deutliche Worte finden. Nur auf dieser Grundlage können beide Staaten ein langfristig produktives Verhältnis zueinander aufbauen, meint Kersten Knipp.

Ursula von der Leyen wurde am Flughafen in Riad vom saudischen Vize-Verteidigungsminister empfangenBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Zumindest eine Nachricht dürfte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrer Reise nach Saudi-Arabien vorausgeeilt sein: Hoffnung auf eine Ausweitung der stark eingeschränkten Rüstungsgeschäfte mit Deutschland werde sie ihren Gastgebern nicht machen. Sie wolle die restriktive deutsche Waffenexportpolitik bekräftigen, heißt es Medienberichten zufolge.

Klare Worte sind in der Tat angebracht im derzeitigen Verhältnis zu Saudi-Arabien. Dies zunächst, weil das Königreich sich im benachbarten Jemen auf einem Feldzug befindet, bei dem es auch Waffen einsetzt, die von Verbündeten geliefert wurden. Das jedenfalls legt eine am Donnerstag von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch veröffentlichte Studie nahe, die von Überresten in den USA produzierter und in den Gouvernements Sanaa und Hodeida eingesetzter Bomben spricht. Der Fund im Jemen dokumentiert einmal mehr, wie riskant es ist, Waffen in ein demokratisch nicht kontrollierten Staat zu exportieren.

Kulturelle und politische Standards schaffen

Klare Worte sind aber auch wichtig, weil sich nur auf dieser Grundlage ein verantwortliches Verhältnis zwischen Deutschland und Saudi-Arabien gestalten lässt. Und auf ein solches wird es in Zukunft immer mehr ankommen. Denn absehbar wird Saudi-Arabien auf verlässliche Partner unter den technologisch hochentwickelten immer stärker angewiesen sein. Schon jetzt dokumentiert der in diesem Frühjahr von Kronprinz Muhammad Bin Salman Al Saud vorgestellte Reformplan "Vision 2030", wie ernsthaft Saudi-Arabien sich bemüht, den Übergang in ein post-fossiles Zeitalter zu gestalten. Ungefähr um jenes Jahr 2030 dürfte der so genannte "peak oil", das Maximum der Ölproduktion, erreicht sein. Parallel dazu wird die Nachfrage nach Erdöl zurückgehen, weil immer mehr erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Beides stellt Saudi-Arabien vor erhebliche Herausforderungen.

DW-Autor Kersten Knipp

Die spätestens dann immer notwendiger werdende Kooperation wird das Königreich dazu veranlassen, internationale kulturelle und politische Standards - nicht zuletzt auch die Menschenrechte! - viel strikter als bislang zu achten. Und dazu gehört auch, international keine Ideologie mehr zu verbreiten, die, wie Salafismus und Wahhabismus, fließende Übergänge zum Dschihadismus kennt. Als Terror-Exporteur wird es Saudi-Arabien in Zukunft immer schwerer haben. Sich von dieser Rolle zu verabschieden, muss erste Voraussetzung internationaler politischer und ökonomischer Kooperation sein.

Gemeinsame Interessen

Hier liegt Deutschlands Chance. Wie in Riad ist man auch in Berlin und anderen westlichen Hauptstädten an einer Stabilisierung des Nahen Ostens stärkstens interessiert. Denn sowohl am Golf wie auch in Europa werden die Auswirkungen des derzeit herrschenden Durcheinanders immer deutlicher spürbar. Die Region zu beruhigen, liegt also im Interesse beider Länder. Dazu gehört auch, das vom Dschiahdismus inzwischen selbst attackierte Saudi-Arabien politisch stabil zu halten. Eben dazu braucht das Land außer Reformen auch Partner - Partner, auf die es sich verlassen kann. Eben darum sind klare Worte möglich, aber auch so wichtig.

Sie sind auch darum so wichtig, weil dann auch Deutschland weiß, woran es bei seinem Partner am Golf ist. Beide Staaten teilen außer politischen auch ökonomische und wissenschaftliche Interessen: Beide engagieren sich im Kampf gegen den Klimawandel, beide sind an erneuerbaren Energien interessiert, beide auch an energiesparenden Techniken. Zahlreiche Kooperationen sind denkbar. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass Saudi-Arabien die genannten internationalen - keineswegs nur von Deutschland vertretenen - Normen anerkennt. Dazu dürfte dem Königreich auch darum keine Alternative bleiben, weil es auf westliche Verbündete weiter angewiesen ist. Denn Russland, der andere - ohnehin nur theoretisch denkbare - Verbündete, pflegt eine immer engere Partnerschaft mit Saudi- Arabiens Erzrivalen Iran.

Langfristig spricht darum Vieles für eine enge deutsch-saudische Partnerschaft. In ihr hätte Deutschland eine starke Position. Klug eingesetzt, könnte sie dazu beitragen, aus Saudi-Arabien in noch sehr ferner Zukunft einen berechenbaren Verbündeten zu machen.

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Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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