1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikAfrika

18 - aber noch nicht erwachsen

Isaac Mugab
Isaac Mugabi
9. Juli 2020

Die AU wurde am 09. Juli 2002 ins Leben gerufen, um Afrika in eine Oase des Friedens und der Entwicklung zu verwandeln. Doch dieser Traum für den Kontinent liegt noch in weiter Ferne, meint Isaac Mugabi.

Bild: picture alliance/dpa/S. Stache

Die Afrikanische Union wurde 2002 ins Leben gerufen, um die Organisation für Afrikanische Einheit zu ersetzen. Diese Vorgängerin wurde kritisch betrachtet, weil sie es versäumt hatte, die entscheidenden Probleme des Kontinents anzugehen, vor allem Armut und wirtschaftliche Schwäche. Außerdem verfolgte sie eine Politik der Nichteinmischung in die Angelegenheiten ihrer Mitgliedstaaten. Se erwarb sie sich den Ruf, eine bloße Quasselbude zu sein.

Die AU wurde mit einer stärkeren Verwaltung, größeren Eingriffsrechten und für humanitäre Interventionen ausgerüsteten Streitkräften ausgestattet. Aber all das hat die AU nicht daran gehindert, sich in den vergangenen 18 Jahren in einen noch aufwändigeren Gesprächskreis als ihre Vorgängerin zu verwandeln.

Welle des Optimismus

Die Gründung der Afrikanischen Union war ein wichtiger Meilenstein, der auf dem ganzen Kontinent gepriesen wurde. Die Geburt des neuen Babys weckte die Hoffnung, dass es zu einem Erwachsenen heranwachsen würde, auf den alle stolz sein könnten. Dieses Baby ist nun erwachsen geworden. Aber seine Eltern, wir Afrikaner, zweifeln an seiner Zukunft.

Familienfoto beim jüngsten AU-Gipfel am 9. Februar 2020 in Addis AbebaBild: picture-alliance/AA/Palestinian Prime Ministry Office

Der Grund dafür ist, dass die AU einem Kind gleicht, das trotz seiner 18 Lebensjahre in der Pubertät stecken geblieben ist: Ein Kind, das nicht in der Lage ist, morgens aufzustehen und sein unordentliches Zimmer aufzuräumen. Ein Kind, das sich ständig mit seinen Geschwistern zankt. Beweise dafür sind die Unfähigkeit der AU, einen einzigen Kandidaten für den nächsten Chef der Welthandelsorganisation zu unterstützen, oder, was noch peinlicher ist, für den kürzlich frei gewordenen Sitz im UN-Sicherheitsrat.

Seit vielen Jahren treffen sich die afrikanischen Staats- und Regierungschefs am Hauptsitz der AU in Addis Abeba, Äthiopien, um die Herausforderungen und Zukunftsaussichten des Kontinents zu erörtern. Doch die Beschlüsse der AU - die weitgehend von europäischen Geldgebern abhängig ist - werden nur selten umgesetzt.  Denn die meisten Projekte sind zu teuer.

Der "Kagame-Bericht" 

Um dieses Problem zu lösen, setzte die AU vor einigen Jahren eine Kommission unter dem Vorsitz des ruandischen Präsidenten Paul Kagame ein. Diese sollte nach Wegen suchen, wie zum Beispiel die Friedenssicherung für Afrika finanziert werden könnte.

DW-Redakteur Isaac MugabiBild: DW/Abu Bakarr Jalloh

Viele hofften, die afrikanischen Regierungschefs würden sich hinter die Empfehlungen der Kommission stellen, die im sogenannten "Kagame-Bericht" zusammengefasst sind. Aber abgesehen vom Afrikanischen Kontinentalen Freihandelsabkommen (AfCTA), das von 49 der 55 Mitgliedstaaten der AU unterzeichnet wurde, ist mit Blick auf die übrigen Empfehlungen nicht viel unternommen worden.

Der Bericht hatte den schmalen Satz von 0,2 Prozent der Erlöse aus den Gesamtexporten der Einzelstaaten als Mitgliedsbeitrag vorgeschlagen. Aber einige Länder meinten, dieser Beitrag solle besser freiwillig statt obligatorisch sein.

Kein Ende der Konflikte in Sicht

Die AU unternimmt einige Friedensbemühungen in Somalia und in der sudanesischen Region Darfur. Doch die Kämpfe mit nichtstaatlichen Akteuren, wie die Dschihadisten-Aufstände im Norden Malis und im Tschadseebecken, den anglophonen Separatisten in Kamerun und der Krieg in Libyen haben Afrika zu einem größeren Konfliktherd gemacht als je zuvor.

Äthiopische Soldaten im Rahmen der AU-Mission AMISOM in SomaliaBild: AMISOM

Die Gründungsakte der AU erlaubt es ihr, auch in innerstaatliche Konflikte, wie zum Beispiel in Kamerun und Libyen, einzugreifen. Doch obwohl sie die Initiative "Silencing the Guns by 2020" für ein konfliktfreies Afrika ins Leben gerufen hat, bleibt die AU untätig. Vor allem in Libyen, wo sich am Konflikt längst andere Länder wie Ägypten, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland beteiligen, müsste die Präsenz nicht-afrikanischer Armeen auf dem Kontinent der AU eigentlich Anlass zur Sorge geben.

Das Versäumnis, auf einen UN-Sitz zu drängen

Aber das vielleicht größte Defizit der AU bisher ist ihr Versäumnis, auf einen ständigen Sitz im allmächtigen Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu drängen. Ein ständiger Sitz würde ihr mehr Gewicht verleihen, um in den UN-Diskussionen eine größere Rolle zu spielen. Denn viele Entscheidungen, die im UN-Hauptquartier in New York getroffen werden, wirken sich nachteilig auf den Kontinent aus.

Der im vergangenen September verstorbene ehemalige Präsident Simbabwes, Robert Mugabe, forderte bei der Übergabe des AU-Vorsitzes vor vier Jahren Reformen im UN-Sicherheitsrat. In einer feurigen Rede lamentierte er über die UNO wegen ihrer andauernden Dominanz gegenüber armen Ländern. Am Ende erhielt Mugabe stehende Ovationen. Doch seitdem erlebt Afrika eine noch stärkere Dominanz entwickelter Länder in seinen Volkswirtschaften - vor allem seitens der Volksrepubik China.

Fragen des Geldes und der Einfluss von China

Der Geldmangel für die Aufgaben der AU ist ein weiterer Knackpunkt, der dringend gelöst werden muss. Da die Länder in Subsahara-Afrika mit bitterer Armut zu kämpfen haben, sind viele von ihnen dazu übergegangen, massive Kredite von China aufzunehmen. Deren Rückzahlung können sie sich aber kaum leisten. Das bedeutet, dass für die AU nicht mehr viel übrig bleibt, was es für die Organisation schwierig macht, ihre ehrgeizigen Pläne zu finanzieren.

Von China bezahlt - der Sitz der Afrikanischen Union in Addis Abeba, der Hauptstadt ÄthiopiensBild: Reuters/T. Negeri

Darüber hinaus hat China den Bau des neuen AU-Hauptsitzes in Höhe von 180 Millionen Euro bezahlt. Nach Einschätzung vieler Beobachter hat sich China damit auch Einfluss in der Organisation erkauft. Und so breitet es seine Tentakeln und seinen wirtschaftlichen Einfluss in Afrika immer weiter aus.

Herzlichen Glückwunsch, Afrikanische Union!

Da viele AU-Mitgliedsstaaten unter der Führung von Autokraten und alten Männern stehen, denen die Bedürfnissen der überwiegend jungen Menschen des Kontinents völlig egal sind, ist es schwer vorstellbar, dass die AU plötzlich anfängt, sich wirklich für die wirtschaftliche Unabhängigkeit und panafrikanische Demokratie einzusetzen, die wir so dringend brauchen.

Wie auch immer, lasst uns den 18. Geburtstag unseres unreifen Kindes feiern. Und wenn die Afrikanische Union die Kerzen auf ihrem Geburtstagskuchen ausbläst, können wir uns ja etwas wünschen - vielleicht, dass unser 18-jähriges Kind plötzlich Anzeichen von Reife zeigt.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen