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Politik

Durchatmen auf dem Weg nach oben

Thurau Jens Kommentarbild App
Jens Thurau
28. Mai 2019

Die Grünen sind die großen Sieger der Europawahl in Deutschland. Aber sie laufen nicht siegestrunken durch das Land. Denn sie müssen sich absehbar auf große Aufgaben vorbereiten, meint Jens Thurau.

Erst begeistert: Grünen-Parteichef Robert Habeck (r.) mit dem Spitzenkandidaten für die Europawahl, Sven Giegold.. Bild: picture-alliance/dpa/Bildfunk/C. Koall

Sieht so ein Sieger aus? Am Tag nach dem größten Triumph der Grünen bei einer bundesweiten Wahl sitzt Robert Habeck, der Shooting-Star, in Berlin vor der Presse und ist nachdenklich. Keine Spur von Siegesrausch. Viel ist geredet und berichtet worden vom Weg der früheren Protest- und Umweltschutzpartei in die Mitte der deutschen Gesellschaft. Von ihrem Siegeszug vor allem bei den jungen Wählerinnen und Wählern. Jetzt steht es Schwarz auf Weiß in den Schlagzeilen: Die Grünen haben deutschlandweit die SPD abgehängt und auf den dritten Patz verwiesen bei dieser Europawahl, mit über 20 Prozent der Stimmen. In Schleswig-Holstein dem Bundesland, aus dem Habeck stammt, sind sie bei dieser Wahl sogar stärkste Partei geworden. In vielen Städten auch. Wo soll das noch hinführen?

.. dann nachdenklich: Robert Habeck auf der Bundespressekonferenz Bild: Imago Images/J. Heinrich

Bundeskanzler Robert Habeck?

Vielleicht ins Kanzleramt? Auch darüber haben viele Medien schon geschrieben und Habeck hat die Frage danach stets als albern abgetan. Aber das ist sie nicht mehr. Die Grünen stehen - wieder einmal - am Scheideweg. Ihre Führungsleute beteuern, dass sie die neuen, gehobenen Ansprüche, das Vertrauen der Menschen in sie ernst nehmen und annehmen. Jetzt muss es nur noch die gesamte Partei tun.

DW-Hauptstadtkorrespondent Jens Thurau

Der Erfolg hat viele Gründe: Als Union, FDP, SPD und AfD noch dachten, in Deutschland werde die nächsten Jahre nur noch über Flüchtlinge und innere Sicherheit gesprochen, sprachen und sprechen die Grünen über den Klimaschutz, wie Hunderttausende von jungen Menschen auch. Und sie tun es glaubwürdig, denn das war immer schon ihr Thema.

Und sie stehen auch felsenfest zum Friedensprojekt EU, auch zu einer Vertiefung, auch zu einem stärkeren sozialem Ausgleich, auch, wenn das zusätzliches deutsches Steuergeld kostet. Als sich das Wahlvolk müde von den immer gleichen Konflikten von Union und SPD abwandte, präsentierten die Grünen eine neue Parteiführung, die es schaffte, sich mit Inhalten und nicht mit sich selbst zu beschäftigen wie die "etablierten" Parteien.

Die neue Konsenspartei

Es gibt in Deutschland einen immer stärken werdenden Rechtspopulismus, ja, es gibt neue Gräben zwischen Ost und West. Aber es gibt eine klare Mehrheit, die die Demokratie will und das die Menschen aufeinander zugehen. Dafür, für diesen Konsens,  standen früher mal in erster Linie die Volksparteien. Jetzt wachsen die Grünen mehr und mehr in diese Rolle.

Das Land hat sich verändert: Bei den bis 24 Jahre alten Wählern haben die Grünen mehr Stimmen bekommen als Union, SPD und FDP, also das komplette Personal der alten Bundesrepublik, zusammen. Also warum guckt Robert Habeck dann so ernst? Sie haben es ja so gewollt, die Grünen. Jetzt kommt die Verlagerung auf die höhere politische Ebene vielleicht schneller als gedacht. Da kann man schon mal nachdenklich werden. Und schwindelig vom schnellen Aufstieg.

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