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Gauck in Griechenland

Spiros Moskovou, Leiter Griechische Redaktion 8. März 2014

Die Verdrehung politischer Tatsachen in Griechenland erfordere Mut, sagt Spiros Moskovou. Und auch eine gewisse Unverfrorenheit.

Spiros Moskovou (Fotos: DW)
Bild: DW

Jahrzehntelang hat das kleine Volk der Griechen auf eine offizielle und unmissverständliche Entschuldigung für die deutschen Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkriegs gewartet. Bundespräsident Joachim Gauck hat während seines zweitätigen Besuchs in Griechenland diesem gerechten Wunsch entsprochen. In dem Bergdorf Ligiades, wo 1943 achtzig Zivilisten von der Wehrmacht bestialisch ermordet wurden, hat er im Namen Deutschlands die Familien der Opfer um Vergebung gebeten. Durch diese hochsymbolische Geste nimmt Ligiades seinen gebührenden Platz in der europäischen Erinnerungskultur ein - neben bekannteren Orten des Grauens, wie Oradour in Frankreich und Lidice in Tschechien.

Allerdings verbinden betroffene Staaten die Erinnerung an die deutsche Schuld immer noch mit Reparationsforderungen. In Athen auch. Es ist eigentlich nicht üblich, dass bei einem Staatsbesuch Gastgeber und Gast ihre Uneinigkeit über ein Thema, das sogar außer deren Zuständigkeit liegt, öffentlich demonstrieren. Die unkonventionelle politische Kultur Griechenlands macht es möglich. Beim offiziellen Besuch des Bundespräsidenten in der griechischen Hauptstadt (06.03.2014) hat ihn sein Gastgeber Karolos Papoulias vor der Öffentlichkeit mit den griechischen Reparationswünschen konfrontiert. Gauck musste prompt Reparationsverhandlungen mit Athen ablehnen.

Mit dem Finger auf Deutschland zeigen

Eigentlich wäre Papoulias gut beraten gewesen, so eine Ablehnung zu vermeiden. Der griechischen Seite ist es wohl bekannt, dass man kaum Chancen auf neue Reparationen aus Berlin hat. Letztendlich hat Athen selbst 1960 einen Vertrag mit der Deutschen Bundesregierung geschlossen, demzufolge 115 Millionen Mark für die griechischen Opfer der deutschen Besatzung gezahlt wurden und infolgedessen Athen auf weitere Forderungen verzichtet hat. Vor einigen Tagen wurde dem griechischen Außenminister Evangelos Venizelos der Geheimbericht einer parlamentarischen Gruppe zu möglichen Reparationsansprüchen übergeben. Venizelos musste zugeben, dass ein solches Anliegen Athens an Berlin auf juristischer Ebene eher unhaltbar wäre.

Die Aussichtslosigkeit solcher Forderungen hindert die griechische Politik aber nicht daran immer wieder die Reparationsfrage öffentlich zu instrumentalisieren. Viele Griechen glauben inzwischen sowieso, dass Deutschland für die gesellschaftliche Misere einiger europäischer Länder verantwortlich ist, weil man ihnen eine stringente Finanzpolitik auferlegt hat. Zu dieser Dämonisierung Berlins passt auch die Beschwörung einer angeblich ewigen und nicht gesühnten deutschen Schuld während des Zweiten Weltkriegs. Die griechischen Parteien, die in abwechselnden Regierungen in den letzten Jahrzehnten durch Misswirtschaft, Klientelismus und verantwortungslose Vergeudung öffentlicher Gelder das Land in den Ruin getrieben haben, zeigen wiederholt auf den deutschen Zuchtmeister Europas. Diese Verdrehung der Tatsachen erfordert politischen Mut. Und eine beispiellose Unverfrorenheit.

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