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Die Logik der Rache durchbrechen

Loay Mudhoon5. Juli 2014

Im Nahost-Konflikt ist durch die scheinbar ungebremste Hetze radikaler Kräfte und die Wut der Bevölkerung eine neue, gefährliche Qualität auf beiden Seiten erreicht, meint Loay Mudhoon.

Israelische Sicherheitskräfte stehen betenden Palästinensern gegenüber (Foto: REUTERS/Baz Ratner)
Bild: Reuters

Auch wenn es auf den ersten Blick paradox erscheinen mag: Die Voraussetzungen für eine schnelle Deeskalation im Nahen Osten sind nach dem Mord an drei israelischen Jugendlichen und dem Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen in Jerusalem gegeben. Weder die israelische Regierung noch die Hamas sind zurzeit an einer militärischen Konfrontation interessiert.

Denn die im Gaza-Streifen regierende Hamas ist deutlich geschwächt und regional nach dem Machtwechsel in Ägypten und dem Bruch mit dem Assad-Regime stark isoliert. Ihre Führung versucht mit Hilfe der Fatah-geführten Einheitsregierung die regionale und internationale Isolation zu durchbrechen.

Auch die Netanjahu-Regierung dürfte bei weiterer Gewalteskalation politisch nicht viel gewinnen. Ein neuer Krieg gegen die Hamas könnte angesichts der unübersichtlichen Situation in Syrien und im Irak eine verhängnisvolle Dynamik in der Region auslösen. Und er würde sicherlich viele zivile Opfer kosten – und die Hamas politisch eher stärken.

"Alle Seiten müssen verbal abrüsten": DW-Redakteur Loay MudhoonBild: DW

Verbale Deeskalation gefordert

Doch um die Logik der Vergeltung zu durchbrechen, müssen alle Seiten zunächst verbal abrüsten. Die israelische Polizei muss zudem die arabischen Bürger vor Angriffen radikaler Siedler und ihrer Sympathisanten besser beschützen. Auch der Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen muss aufhören.

Dennoch dürften diese Schritte ohne Rückkehr zu einem echten politischen Verständigungs-Prozess zur Entspannung der Situation nicht ausreichen. Diese Möglichkeit wurde jedoch durch den massiven Einsatz der israelischen Armee in den letzten Wochen und den dadurch entstandenen Schaden für die palästinensische Bevölkerung erschwert. Zumal man sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass Ministerpräsident Netanjahu die blutige Tragödie politisch instrumentalisieren wollte, um den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas zu zwingen, die palästinensische Einheitsregierung zu beenden.

Ohnehin scheinen die moderaten Kräfte bei jeder Gewalteskalation zu den sicheren Verlierern zu gehören. Und so geriet Mahmud Abbas wieder einmal zwischen die Fronten – und entschied sich richtigerweise gegen die Logik der Gewaltanwendung. Er verurteilte die Ermordung der Talmudschüler unmissverständlich und beendete die Zusammenarbeit seiner Behörde mit der israelischen Armee nicht, was ihn viele Sympathien bei seinen Landsleuten kosten dürfte.

Aus diesen Gründen ist es höchste Zeit für die Netanjahu-Regierung, die vom extrem rechten Lager abhängig ist, gegen das Rassismus-Problem in der israelischen Gesellschaft vorzugehen. Sie sollte außerdem nichts unternehmen, was die Autorität Mahmud Abbas' weiter beschädigen könnte. Denn einen besseren Friedenspartner als Abbas werden die Israelis nicht haben.