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Politik

Die schweigende Mehrheit hat gesprochen

DW Kommentatorenbild, Gregg Benzow
Gregg Benzow
9. November 2016

Donald Trump ist entgegen aller Vorhersagen zum US-Präsidenten gewählt worden. Die Medien haben - wie auch die Elite in Washington - den Kontakt zu breiten Schichten der Wähler verloren, meint Gregg Benzow.

Bild: Reuters/B. Webb

Es gibt, wie man so schön sagt, die öffentliche Meinung und die veröffentlichte Meinung. Am Dienstag hat die öffentliche Meinung in Amerika ihr Schweigen gebrochen, indem sie Donald Trump zum Präsidenten gewählt hat. Für diesen nicht nur knappen, sondern sehr klaren Wahlsieg gab es gute Gründe.

Attacken auf Lebensgefühl und Werte Amerikas

Die lang gehegte und tief verwurzelte Abneigung weiter Teile der amerikanischen Gesellschaft gegen Washington und die linksliberale Nomenklatura des Landes hat keiner besser verstanden als Donald Trump. Das konservative Rückgrat Amerikas ist die ständigen Attacken auf ihr Lebensgefühl und ihre Werte seitens der politischen und medialen Elite leid geworden. Die grundsoliden und ehrlichen Leute im Mittleren Westen, die jeden Tag ihre Arbeit tun und Steuern bezahlen, haben es satt, dass Schreibtischtäter, die sich für fortschrittlich halten, sich immer stärker in ihr Leben einmischen.

DW-Redakteur Gregg Benzow ist US-BürgerBild: DW

Das kommt nicht gut an im Herzen Amerikas - dort, wo die Menschen ihre persönliche Freiheit seit jeher als das höchste Gut betrachten. Und sehr allergisch reagieren, wenn Weltverbesserer und Besserwisser aus der Hauptstadt ihnen diktieren wollen, wie sie zu leben und zu denken haben. Oder was sie im öffentlichen Raum sagen dürfen und was nicht.

Dieser Ärger schmorte lange im Verborgenen. Doch plötzlich war da Donald Trump und bohrte mit seinen Fingern kräftig in dieser Wunde. Sprach in aller Öffentlichkeit unverblümt und klar aus, was Abermillionen Amerikaner schon lange dachten, spürten, empfanden und hassten.

Natürlich ärgern sich diese Leute auch über schlechte Schulen, marode Infrastruktur, Terrorismus, "Obamacare" und die entsprechend höheren Kosten für sie, ihre Hypotheken und vieles andere. Aber was diese Menschen am Wahltag mehr als alles andere angetrieben hat, ist die Aushöhlung ihrer Kultur und der Verrat an den uramerikanischen Idealen - personifiziert durch Hillary Clinton. Diese Frau war und ist das Symbol schlechthin für all das, was aufrichtige Amerikaner verabscheuen: korrupt, machthungrig, verlogen und vor allem auf ihren persönlichen Vorteil aus.

Die verhassten "Carpetbagger"

Hillary Clinton ist der Prototyp des "Carpetbaggers". Jeder Amerikaner kennt diesen Begriff: Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg 1865 kamen Menschen aus dem Norden der USA in den Süden, übernahmen wichtige Positionen und diktierten den Besiegten fortan, was sie zu tun und zu lassen und wie sie künftig zu leben hätten. Den Namen "Carpetbaggers" bekamen sie, weil die Reisetaschen, die sie mit sich führten, aus zusammengenähten Teppichstücken bestanden, die man bis dahin in den Südstaaten nicht kannte. Hillary Clinton und die Demokraten - Europa analog die Linken und die Grünen - sind für die schweigende Mehrheit Amerikas nichts anderes als die "Carpetbaggers" der Moderne.

Und was nun? Hinter uns liegt ein Wahlkampf, ausgefochten mit einer nie dagewesenen Härte. Kein Wunder - es stand und steht viel auf dem Spiel. Donald Trump ist der Anführer der größten Bewegung, die Amerika in seiner jüngeren Geschichte gesehen hat, noch größer als die Bewegung gegen den Vietnam-Krieg vor bald 50 Jahren - und mit noch wesentlich größeren und weitreichenderen Konsequenzen. Der Aufstand im Bauch der Gesellschaft hat gerade erst begonnen.

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