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Politik

Die SPD - eine unglückliche Partei

21. Januar 2018

Die Sozialdemokraten werden mit der Union über eine Regierungsbildung verhandeln. Aber zufrieden ist damit niemand. Denn die äußerst knappe Entscheidung ist für die Parteiführung ein Desaster, meint Sabine Kinkartz.

Bild: Reuters/W. Rattay

Wer wissen will, wie es der SPD geht, der muss einen Blick auf Martin Schulz werfen. Der Parteichef ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Eine knappe Stunde dauerte seine Rede auf dem Sonderparteitag in Bonn. Eine Stunde, in deren Verlauf weder Optimismus, noch Begeisterung aufkommen wollten. Nicht bei Schulz und auch nicht bei den 600 Delegierten. Schulz steht mit dem Rücken zur Wand. Der Mann, der vor einem knappen Jahr als Hoffnungsträger der SPD antrat, der die Sozialdemokraten in einen so lange nicht gekannten Glückstaumel, ja in einen Rausch versetzte, ist angeschlagen, wirkt regelrecht kraftlos.

Ganz anders die Jusos, die mit ihrem "Zwergenaufstand" - wie von Seiten einiger Parteifunktionäre gefrotzelt wurde - eine erneute große Koalition unbedingt verhindern wollen. In Bonn haben sie gezeigt, wie viele Genossen sie bereits auf ihrer Seite haben. Rund 44 Prozent der Delegierten stimmten mit "Nein", nur 56 Prozent folgten der Empfehlung des Parteivorstands. Für die Jusos und die Gegner der GroKo wird das Ansporn sein, in den nächsten Wochen Stimmung an der Basis zu machen. Schließlich werden am Ende ja die 450.000 Parteimitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen, den die SPD nun mit der Union aushandeln wird.

Andrea Nahles - die bessere SPD-Vorsitzende?

Für die Partei und vor allem ihre Führung verheißt das nichts Gutes. Schon jetzt verläuft ein tiefer Riss durch die SPD - und der wird sich in nächster Zeit noch vertiefen. Da stehen sich Fronten gegenüber, die ganz unterschiedliche Denkansätze haben. Beide Seiten haben gute Argumente. Aber beide Seiten vertreten auch hohe Risiken. Eine erneute Regierung mit der Union kann die SPD am Ende genauso schwach werden lassen, wie sie andernfalls aus Neuwahlen hervorgehen könnte. DIE Lösung gibt es für die Partei nicht. Und das stürzt die SPD in ein schier unlösbares Dilemma.

DW-Korrespondentin Sabine Kinkartz

Ob Martin Schulz die SPD aus dieser wohl tiefsten Krise ihrer Geschichte - in der sie ohne Frage steckt - wieder ins Licht führen kann, ist fraglich. Das wäre eher Andrea Nahles zuzutrauen. Auf dem Sonderparteitag in Bonn zeigte die Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion jedenfalls genau die Leidenschaft, die Kraft und den Willen, den man bei Schulz vergeblich suchte. Was sie sagte und wie sie es sagte, das riss die Delegierten mit. Und wer weiß, vielleicht hat sie mit ihrem Versprechen zu "verhandeln bis es quietscht", sogar noch kurzfristig Zweifler auf ihre Seite gezogen?

Wahl zwischen Pest und Cholera

Zweifler gab es unter den Delegierten jede Menge. Diejenigen, die gegen eine GroKo sind, sind in der Regel überzeugt, sie haben eine gefestigte Meinung. Doch grundsätzlich ist die große Koalition in der SPD so unbeliebt, dass es wahrscheinlich niemanden gibt, der mit gutem Gewissen ohne Wenn und Aber dafür stimmen würde. Wer "Ja" sagt, tut das nur, weil er ein "Nein" für die noch schlechtere Wahl hält. Auch für die SPD-Mitglieder wird es am Ende wohl eine Wahl zwischen Pest und Cholera sein.

Wie aber will eine so gespaltene Partei regieren? Eine Partei, in der zudem das Misstrauen der Basis gegenüber ihrer Führung fast groteske Formen angenommen hat. "Die da unten" gegen "die da oben" - das ist die zweite Front, die sich durch die Partei zieht. Wie will diese SPD denn noch einen Bürger motivieren, sie zu wählen?

Die Sozialdemokraten, die in den vergangenen Jahren schon so viele Federn lassen mussten, müssen sich hüten. Noch sind sie "nur" unglücklich. Wenn sie die Kehrtwende, die Erneuerung nicht schaffen, könnten sie in den Augen der Wähler so unattraktiv werden, dass die SPD am Ende in der Bedeutungslosigkeit versinkt.

 

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