Es spielt überhaupt keine Rolle, ob ich meine Daten auf einer chinesischen, US- oder europäischen Plattform öffentlich verbreite. Wenn ich mich nackt mache kommen ohnehin alle an mein Profil, meint Fabian Schmidt.
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Die Datensammelwut des chinesischen Regimes kann einem Angst und Bange machen. Die Totalkontrolle, die die Kommunistische Partei ihren Bürgern auferlegt, stellt selbst das in den Schatten, was George Orwell in seiner Horror-Utopie 1984 entworfen hat. Orwell konnte ja, als er im Jahr 1948 sein Werk geschrieben hat, noch nicht ahnen, was das Internet-Zeitalter einmal alles möglich machen würde.
Und natürlich müssen wir uns angesichts der aggressiven und expansiven Außenpolitik von Peking auch Sorgen um den Schutz unserer Daten machen. Dazu gehört auch, sich nicht auf chinesische G5-Technologie zu verlassen, wo unsere Sicherheitsexperten kaum ausschließen können, dass nicht irgendwo Hintertüren für Spionage eingebaut sind.
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Eine Karaoke-Bühne für Extrovertierte
Deshalb aber einen Kreuzzug gegen TikTok zu starten, ist völlig absurd. TikTok ist zunächst einmal vor allem ein Spielplatz für Extrovertierte, die sich ohnehin nicht um den Schutz ihrer persönlichen Daten scheren. Es ist vergleichbar mit einer Karaoke-Bühne, wo sich jeder mal richtig austoben darf.
Wer bei TikTok etwas einstellt, will ja gerade, dass die ganze Welt es sieht. Wer das nicht möchte, nutzt auch kein TikTok. Anders als etwa Facebook, hat TikTok gar nicht gedacht für Menschen, die sich nur mit engen Freunden oder Verwandten vernetzen wollen.
Insofern unterscheidet sich TikTok auch nicht grundlegend von vielen anderen Social-Media-Plattformen wie zum Beispiel Twitter, in denen jeder Post so transparent ist, wie es der Amateurfunk früher war: Was in den Äther geht, kann jeder hören.
Firmen machen, was die Geheimdienste längst können
Was bei TikTok und Twitter rausgeht, kann jeder lesen, anschauen und noch viel mehr: Kommerzielle Datensammler können die Social-Media-Webseiten genauso systematisch abschöpfen wie alle Geheimdienste dieser Welt. Das betrifft auch die meist öffentlich sichtbaren Seiten von Facebook und Instagram.
Verschiedene Instagram-Betrachtungsprogramme wie Instaviewer haben daraus sogar ein Geschäftsmodell gemacht: Sie verkaufen Werbung an Menschen die Instagram nutzen wollen, ohne sich anzumelden.
Wie verdient TikTok Geld?
02:34
Datenkraken kommen auf diesem Wege an gigantische Mengen biometrischer Daten:Gesichter auf Bildern und Stimmen auf Videos. Sie können Bewegungsprofile erstellen von denen, die sich dort extrovertieren oder auch von Menschen, deren Freunde und Bekannte das tun.
Sie haben Einblick in das Privatleben von Menschen, sogar in ihre sexuellen Vorlieben. Bei Dating-Plattformen wie Tinder liegen jede Menge Daten, die jemanden später auch gut erpressbar machen können.
Nichts bleibt geheim
Die kommerziellen und staatlichen Spione können einiges über die Lieblingsfarben der Nutzer erfahren und kennen die Namen ihrer Haustiere. Sie wissen sogar, was sie zum Frühstück gegessen haben und welche Marke ihr Staubsauger hat. Bestimmt wissen sie mehr über manche Social Media-Nutzer als diese selbst.
All das gehört zur universellen globalen Transparenz der Sozialen Medien. Diejenigen, die dabei leichtfertig mitmachen, nehmen das in Kauf. Wer am Ende eine solche "Mach-dich-nackt!-Plattform" betreibt spielt dabei auch keine Rolle mehr. Der chinesische Geheimdienst kann chinesische Plattformen genauso gut abschöpfen wie amerikanische, europäische oder solche inTaka-Tuka-Land. Solange die Nutzer ihre Daten öffentlich ausbreiten sind sie selbst schuld.
Die Vorstellung, die Demokratien dieser Welt könnten großflächige Spionage autokratischer Regime unterbinden, indem sie deren Social-Media-Plattformen verbieten, ist jedenfalls unsinnig und naiv. Für den Schutz seiner Daten in den sozialen Netzen ist jeder Mensch in erster Linie selbst verantwortlich.
Vom Fingerabdruck zum biometrischen Datensatz
Vor 125 Jahren wurde erstmals der Fingerabdruck als Beweismittel genutzt. Heute gibt es eine Vielzahl biometrischer Informationen, die Täter hinterlassen: DNA, Töne, Bilder, Daten. Kommen Sie mit uns auf Spurensuche!
Bild: arfo - Fotolia.com
Seit 125 Jahren in der modernen Kriminalistik
1891 baute der in Kroatien geborene argentinische Kriminologe Ivan Vucetic das erste moderne Fingerabdruck-Archiv auf. Seitdem gelten die für jeden Menschen einzigartigen Abdrücke als guter Beweis zur Überführung von Tätern. Hier sichert ein Kriminalbeamter Spuren nach einem Hauseinbruch. Dazu trägt er ein feines Pulver auf die Oberfläche auf - der Fingerabdruck wird sichtbar.
Bild: picture-alliance/dpa
Haltbar machen fürs Archiv
Mit einer Klebefolie wird der Abdruck nun auf ein Papier übertragen und für die Nachwelt erhalten. Früher war das Abgleichen von Fingerabdrücken eine mühsame Arbeit. Man musste die Merkmale auslesen und von Hand vergleichen. Heute übernehmen Computer diese Aufgabe.
Bild: picture-alliance/dpa
Keine Tinte mehr
Auch das Nehmen der Fingerabdrücke hat sich in den letzten Jahren verändert. Heutzutage setzt man dazu Scanner ein. Diese erzeugen sofort digitale biometrische Daten.
Bild: picture alliance/dpa/P. Endig
Aus dem Abdruck wird eine Identität
Der Computer identifiziert auf dem Muster des Fingerabdrucks typische Stellen. Das sind etwa das Zentrum der Fingerlinien oder auch Gabelungen, Abstände und andere Besonderheiten. Die Lage dieser Merkmale ist bei keinen Menschen identisch - auch nicht bei eineiigen Zwillingen.
Bild: itestro/Fotolia.com
Niemand soll zweimal Wählen
Nicht nur in der Kriminalistik kommen Fingerabdrücke zum Einsatz. Immer häufiger werden sie schlicht zur Identifikation eingesetzt - etwa hier bei Wahlen in Nigeria. So kann sichergestellt werden, dass niemand seine Stimme zweimal abgibt und dass auch nur diejenigen wählen können, die im Wählerregister eingetragen sind.
Bild: APC Presidential Campaign Organisation
Wer war schon mal wo?
Entscheidend für die Bearbeitung von Asylanträgen oder die Anerkennung eines Flüchtlingsstatus ist die Frage, wo der Betroffene erstmals die EU betreten hat. Durch eine Registrierung mit Fingerabdrücken lässt sich dies eindeutig nachvollziehen. Vorausgesetzt, alle Behörden sind mit Scannern ausgestattet und nutzen diese auch.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Weigel
Finger weg - das sind meine Daten!
Moderne Smartphones nutzen eine sogenannte "Touch ID"-Funktion. Der Eigentümer weist sich mit seinem Fingerabdruck aus. Wer nicht den richtigen Finger hat, kommt an die Daten nicht heran.
Bild: picture-alliance/dpa Themendienst
Sicheres Banking
So sieht ein Geldautomat im schottischen Dundee aus: Der Besitzer der Bankkarte weist sich mit seinem Fingerabdruck aus. So soll sichergestellt werden, dass kein Taschendieb Geld abheben kann.
Bild: picture-alliance/dpa
Fingerabdruck im Pass
Deutsche und viele andere Reisepässe enthalten seit 2005 einen digital gespeicherten Fingerabdruck. Dieser ist in keiner anderen Datenbank hinterlegt, sondern nur auf dem Chip im Ausweis. Neben dem Fingerabdruck ist hier auch ein biometrisches Passfoto untergebracht. Auch dieses ist, ähnlich wie ein Fingerabdruck, nahezu niemals bei zwei Menschen gleich.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Grimm
Wenn Computer Gesichter erkennen
Gesichtserkennungssoftware, die solche biometrischen Daten verwendet, ist mittlerweile so gut, dass mit Überwachungskameras gesuchte Personen aus großen Menschenmengen heraus identifiziert werden können. Aber auch Privatleute oder Internetdienste nutzen immer häufiger Gesichtserkennung: zum Beispiel um Urlaubsbilder danach zu sortieren, wer darauf zu sehen ist.
Bild: picture-alliance/dpa
Der Erfinder des genetischen Fingerabdrucks
Alec Jeffreys kam 1984 bei Forschungsarbeiten an der Universität Leicester auf die Idee, DNA zur Identifizierung von Menschen einzusetzen. Er hatte durch Zufall auf DNA-Abschnitten ein für jeden Menschen einzigartiges Muster entdeckt. Daraus konnte er ein Bild erzeugen, das ein wenig aussah wie der Strichcode im Supermarkt.
Bild: picture-alliance/dpa
Ein Strichcode für jeden Menschen
In Deutschland werden solche genetischen Fingerabdrücke seit 1998 in einer Datenbank des Bundeskriminalamts gespeichert. Über 18.000 Taten konnten mittlerweile alleine in Deutschland durch DNA-Fingerabdrücke aufgeklärt werden.
Bild: picture-alliance/dpa
Rettung für Unschuldige
Nicht nur Schuldige konnten überführt werden. Auch viele unschuldig Verurteilte verdanken dem genetischen Fingerabdruck ihr Leben. Das "Innocence Project" in den USA konnte die Unschuld von über 100 Gefangenen nachweisen, die fälschlicherweise verurteilt worden waren. Darunter auch Todeskandidaten wie Kirk Bloodsworth, der acht Jahre, elf Monate und 19 Tage auf seine Hinrichtung wartete.
Bild: picture-alliance/dpa
Klarheit für die Opfer
Eine Bewährungsprobe bestand die DNA-Analysetechnik nach den Massenmorden von Srebrenica. Erstmals wurden die Opfer eines Massenmordes systematisch identifiziert und individuell bestattet. Hier nimmt die fünfjährige Ema Hasanovic Abschied von ihrem Onkel. Über 6000 Opfer von Srebrenica - fast alles Männer - konnten so identifiziert und von ihren Angehörigen bestattet werden.
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Emric
Biometrie - auch im Telefon oder im Computer
Biometrische Daten gibt es aber auch dort, wo Informationen scheinbar flüchtig sind - etwa in Schallwellen oder digitalen Daten. Spracherkennungssoftware kann aufdecken, wer jemanden durch Drohanrufe belästigt, denn jede Stimme ist individuell. Und im Internet hinterlassen wir jede Menge Spuren, die auch gut auf den Einzelnen zurückgeführt werden können, der sie hinterlassen hat.