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Dreiergipfel gegen russischen U-Boot-Fahrer

Johann Bernd Kommentarbild App
Bernd Johann
24. August 2015

Deutschland, Frankreich und die Ukraine setzen auf eine politische Lösung im Konflikt mit Moskau um die Ostukraine. Sie werden scheitern, wenn Kreml-Chef Putin auf Konfrontationskurs bleibt, meint Bernd Johann.

Petro Poroschenko (r.) mit Angela Merkel und Francois Hollande in BerlinBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Immer noch sterben Menschen in der Ostukraine, als habe es den vor einem halben Jahr in Minsk verkündeten Friedensprozess nie gegeben. Dass der ukrainische Präsident am Unabhängigkeitstag seines Landes am Montag nach Berlin eilte, zeigt, wie ernst die Lage ist. Schmerzhaft erlebt die Ukraine derzeit, wie wertvoll und zugleich gefährdet ihr Recht auf Selbstbestimmung ist. Zudem erinnert sie sich in diesen Tagen an die Schlacht von Ilowajsk vor einem Jahr. Hunderte Ukrainer wurden damals in einem Hinterhalt getötet. Russland war den Separatisten über die Grenze mit Soldaten zur Hilfe gekommen. Spätestens da war klar: Der Kreml ist Kriegspartei, auch wenn er das bis heute abstreitet.

Gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Francois Hollande warb Petro Poroschenko jetzt in Berlin erneut für politische Lösungen. Doch alle Beteiligten wissen: Ohne Russland wird es keinen Frieden in der Ostukraine geben. Bei den Verhandlungen in Minsk saß Russlands Präsident Wladimir Putin mit am Tisch. Wenige Tage später starteten die Separatisten eine neue Offensive - wieder mit russischer Unterstützung und allen Lippenbekenntnissen Putins zum Trotz.

Bernd Johann, Leiter der Ukrainischen Redaktion der DW

Minsk hat kaum noch Aussichten auf Erfolg

Die in Minsk festgelegte Waffenruhe hat seitdem nie wirklich funktioniert. Auch der vereinbarte Rückzug schwerer Waffen von der Frontline fand nicht statt. Und noch immer stehen Tausende russische Soldaten an der ukrainischen Grenze. Sie könnten jederzeit unter dem Vorwand einer humanitären Intervention in der Ukraine einmarschieren. Unter diesen Umständen hat das Abkommen von Minsk kaum noch Aussichten auf Erfolg.

Wenn wichtige Punkte des militärischen Teils der Vereinbarungen - Waffenruhe und Waffenabzug - bis heute nicht umgesetzt wurden, wie sollen dann die weitreichenden politischen Vorgaben verwirklicht werden? Die Ukrainer müssten große Zugeständnisse machen. Schon in der nächsten Woche soll das ukrainische Parlament einer Verfassungsänderung zustimmen, die dem Donbass bis zum Jahresende erhebliche Selbstverwaltungsrechte geben würde. Zuvor sollen im Oktober Lokalwahlen in der gesamten Ukraine stattfinden - auch im Kriegsgebiet Donbass.

Vereinbarungen werden nicht eingehalten

Politisch sind all diese Schritte notwendig, damit es zu einem Ausgleich der Interessen kommen könnte. Doch nichts spricht derzeit dafür, dass im besetzten Donbass freie Wahlen abgehalten werden, die einen Sonderstatus legitimieren könnten. Im Gegenteil: Die Separatisten haben bereits eigene Abstimmungen nach ihren Regeln angekündigt. Die ukrainischen Wahlgesetze gehören nicht dazu. Die Stimmung wird von extremistischen Gruppen aufgeheizt. Mitarbeiter der OSZE wurden in den vergangenen Wochen zur Zielscheibe von Gewalt, obwohl sie unbewaffnet sind und nur beobachten sollen, ob der Waffenstillstand eingehalten wird.

Zu all diesen Vorgängen schweigt Russland. An anderer Stelle gießt es sogar Öl ins Feuer. Putin reiste vergangene Woche auf die von seinem Land annektierte ukrainische Halbinsel Krim. Statt sich an der Suche nach politischen Lösungen zu beteiligen, tauchte er dort in einem U-Boot ab. Kaum wieder über Wasser, machte er Kiew und den Westen für die anhaltenden Kämpfe in der Ostukraine verantwortlich.

Putin auf Tauchfahrt

Dass der Kreml-Chef die Chuzpe aufbrachte, auf die Krim zu reisen, dagegen regte sich in Europa kaum Protest. Der U-Boot-Fahrer aus Russland bleibt auf Konfrontationskurs. Er profitiert davon, dass Poroschenko im eigenen Land wegen seiner Verhandlungs- und Kompromissbereitschaft inzwischen immer mehr in die Kritik gerät - auch im Lager der prowestlichen Kräfte, wo der Vorwurf vom europäischen Druck auf die Ukraine bereits die Runde machte.

Diese Kritik, die sich insbesondere gegen Berlin richtete, ist überzogen. Denn Zugeständnisse sind von allen Seiten notwendig, wenn der Friedensprozess wieder in Gang kommen soll. Berlin, Paris und Kiew drängen auf politische Lösungen. Nur den Mann im U-Boot scheint das wenig zu kümmern.

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