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Politik

Dutertes gefährlicher Alleingang

20. Oktober 2016

Handstreichartig stellt der philippinische Präsident die Sicherheitsarchitektur Südostasiens auf den Kopf. Ein schwerer Schlag für die USA, und ein äußerst riskanter Schachzug für die Philippinen, meint Thomas Latschan.

Ein Verhältnis auf Augenhöhe? Die Präsidenten Xi Jinping (li.) und Rodrigo Duterte in PekingBild: Reuters/T. Peter

Er hat es tatsächlich getan. Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte wagt den offenen Bruch mit der langjährigen Schutzmacht USA. Und das mit einem beispiellosen diplomatischen Affront! Man muss sich das einmal vorstellen: Der Präsident der Philippinen fährt nach China und verkündet dort auf einem Wirtschaftsforum, das jahrzehntealte Bündnis mit Washington sei nun Geschichte. Die Amerikaner seien all die Jahre nur zu ihrem eigenen Vorteil in seinem Land gewesen, so Duterte. Deshalb sei es an der Zeit, den "Amis" und dem "Hurensohn Obama" endlich Lebewohl zu sagen. Ein lupenreiner Rausschmiss, den Duterte seinen neuen Freunden in Peking auch noch als Geschenk verpackt und auf dem Silbertablett serviert.

Bündnis mit den USA war auch im philippinischen Interesse

Was für eine Kehrtwende. Denn trotz immer einmal wieder aufkeimenden Spannungen waren die Philippinen neben Japan in den vergangenen 30 Jahren der wichtigste US-Verbündete in der Region. Natürlich auch aus amerikanischem Eigeninteresse, aber nicht nur. Denn die Schutzmacht USA hat die Philippinen davon entbunden, selbst ein schlagkräftiges Militär zur Landesverteidigung aufzubauen. So konnten sich die philippinischen Streitkräfte vornehmlich darauf konzentrieren, Aufstände und Rebellengruppen im Inneren zu bekämpfen. Ob die marode philippinische Marine alleine in der Lage gewesen wäre, ihr Land auch vor Bedrohungen von außen zu schützen, ist doch eher zweifelhaft.

Thomas Latschan ist Redakteur am Asien-Desk der DW

Jetzt aber droht die gesamte US-Transpazifikstrategie kolossal zu scheitern - zielte sie doch vor allem darauf ab, Chinas Expansionsbestrebungen einzudämmen. Washington trifft diese Entwicklung in einem denkbar ungünstigen Moment: US-Präsident Barack Obama, das wird immer klarer, ist in den letzten Wochen seiner Amtszeit außenpolitisch eine "lame duck". Und auch nach der Wahl werden die USA Zeit brauchen, sich gegenüber China und Südostasien neu zu positionieren.

Peking hingegen dürfte triumphieren. Und zwar auf ganzer Linie. Noch vor wenigen Monaten befanden sich China und die Philippinen im Streit - vor allem um Inselgruppen und Riffe im Südchinesischen Meer. China verlor in diesem Zusammenhang sogar eine Klage der Philippinen vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag. Doch Peking hat diesen Schiedsspruch nie anerkannt. Und jetzt hat China sich quasi erkauft, was es immer haben wollte: bilaterale Gespräche statt multilateraler Abkommen. Diese sicherte Duterte seinem Gegenüber Xi Jinping zu - gegen milliardenschwere Wirtschaftshilfen, Handelsabkommen, Infrastrukturprojekte.

Eine echte Unabhängigkeit?

Duterte selbst verkauft seine "unabhängigere" Außenpolitik als großen Erfolg. Doch die Risiken für sein Land sind groß. Er gewinnt dadurch zwar kurzfristigen Spielraum - und Geld, um innen- und wirtschaftspolitisch zu punkten. Auf den Philippinen selbst aber warnen viele Analysten, das Land könne gar nicht "unabhängiger" werden - es rutsche nur von einer Abhängigkeit in die nächste. Doch Duterte schert sich nicht um solche Bedenken. Er setzt außenpolitisch lieber alles auf eine Karte. Doch er verkalkuliert sich völlig, wenn er glaubt, dass der riesengroße Nachbar China die Philippinen als Partner auf Augenhöhe wahrnimmt. So rennt Duterte in Peking zwar offene Türen ein. Die Hintertür zu den USA aber hat er krachend zugeschlagen.

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Thomas Latschan Langjähriger Autor und Redakteur für Themen internationaler Politik
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