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Politik

Ein neuer Brexit-Deal in 30 Tagen?

22. August 2019

Zum Antrittsbesuch bei Angela Merkel kam kein britischer Premier, der nach konstruktiven Lösungen beim Brexit sucht. Nein, Boris Johnson ist längst auf Wahlkampftour, meint Michaela Küfner.

Bild: Reuters/A. Hilse

"Kommt der Zocker zur Pfarrerstochter…." so könnte der politische Sketch anfangen, der beim Antrittsbesuch des britischen Premiers Boris Johnson bei Angela Merkel uraufgeführt wurde. Beide wussten, dass es im Kern keine neuen politischen Positionen gibt. "The small matter of Brexit" - "die kleine Brexit-Angelegenheit" also - sei auch noch auf der Agenda, scherzte Johnson, als es um die zu besprechenden Punkte neben Russland, Iran, Libyen, Hongkong und Nordkorea ging. Ja, er wolle "einen Deal". Man müsse aber die "Elemente entfernen, die für Großbritannien nicht funktionieren".  Und noch ein Scherz: "Wir schaffen das!" - das sei doch der legendäre Satz Merkels? Da staunt die Kanzlerin nicht schlecht, als Johnson ihren Aufruf an die Deutschen auf dem Gipfel der sogenannten Flüchtlingskrise zitiert.

Ein wenig Bewegung gab es dann doch: So bringt die Bundeskanzlerin die Idee einer Lösung für die irische Grenze binnen 30 Tagen ins Spiel. Warum eigentlich nicht? Johnson sieht 30 Tage als "sehr sportliche" Frist und erkennt dann - ungewöhnlich sportsmännisch - an, dass es "an uns", den Briten sei, jetzt Lösungen zu präsentieren.

Keine Bewegung im Kernpunkt des Konflikts

Doch trotz der neuen, geradezu pragmatisch angehauchten Tonalität zeichnet sich keine Bewegung im Kernpunkt des Konflikts ab: Johnson beharrt weiter darauf, dass das Austrittsabkommen der Briten mit der EU neu verhandelt werden müsse, vor allem um den Backstop zu streichen. Angela Merkel verweist auf die ungewöhnliche Geschlossenheit der 27 verbleibenden EU-Staaten, die genau das ausschließen.

Michaela Küfner ist Chefkorrespondentin der DWBild: DW/B. Geilert

Vordergründig geht es also weiter um den "Backstop", die im Brexit-Abkommen vereinbarte Notlösung, falls Brüssel und London sich bei den anstehenden Verhandlungen über ihre künftigen Beziehungen nicht einigen können. Die Regelung, die Nordirland weiter in der europäischen Zollunion halten würde, soll eine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland verhindern. Das nehme den Briten jede freie Entscheidungsfreiheit nach dem Brexit, wetterte Boris Johnson bereits in seiner Antrittsrede. "Anti-demokratisch und nicht vereinbar mit der Souveränität des Vereinigten Königreichs" beschwerte sich Johnson auch einen Tag vor seinem Besuch in Berlin in einem Brandbrief an Donald Tusk, den Präsidenten des Europäischen Rats.

Politisch mag er diesen Kurs vertreten. Faktisch gesehen sind beide Aussagen schlicht falsch. Denn das Austrittsabkommen, einschließlich des Backstops sind weder undemokratisch noch ein Verstoß gegen die nationale Souveränität. Sie sind Teil eines Vertrages, der von den Vertretern 28 souveräner Staaten - inklusive Großbritannien - ausgehandelt wurde. Am Verhandlungstisch saß Johnsons Vorgängerin Theresa May. Die scheiterte allerdings drei Mal bei dem Versuch, das Abkommen durch das britische Parlament zu bekommen. Großbritannien steckt fest.

Johnson ist längst im Wahlkampf

Alternativen zum Backstop hat Johnson auch nach Berlin nicht mitgebracht. Er mag wohl auch nicht recht zugeben, dass er längst auf Wahlkampftour ist. Will er die frisch gegründete Brexit-Partei seines geistigen Weggefährten Nigel Farage bei den bald erwarteten Neuwahlen schlagen, so muss er mit dessen harter Rhetorik mithalten. Also beharrt Johnson weiter darauf: Brexit am 31. Oktober - zur Not auf die harte Tour.

Doch wenn dann tatsächlich das Chaos ausbricht, wird man Schuldige brauchen - am besten in Brüssel, Berlin und Paris. Dorthin reist er als Nächstes auf seiner Tour vor dem G7-Gipfel in Biarritz. In Berlin stand Johnson der Pastorentochter Angela Merkel gegenüber, die bei jeder Gelegenheit ihr Bedauern über den Brexit betont und deren Berater die deutsche Geduld mit den Briten als schier unendlich bezeichnen. In Paris hingegen dürfte der französische Präsident Emmanuel Macron, der schon gegen die Verschiebung des Brexit war, seinen britischen Kollegen weit weniger verständnisvoll ins Gebet nehmen.

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