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Politik

Neue Zuversicht für Europa

15. Mai 2017

Mit seinem Besuch bei Bundeskanzlerin Merkel hat Macron, der neue Präsident Frankreichs, gezeigt, wie wichtig ihm Europa ist. Beide Politiker haben Versprechen gemacht, und das ist richtig so, meint Christoph Strack.

Bild: Reuters/F.Bensch

Das gibt es selten bei hochoffiziellen Gästen im Bundeskanzleramt. Als die Limousine des neuen französischen Präsidenten im Innenhof vorfährt und er von Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt wird, brandet Beifall auf. Ja, Zaungäste jubeln. Einige "Macron, Macron"-Rufe wehen durch das hohe Gitter. Eigentlich ist das ein Arbeitsbesuch, aber es ist eine Atmosphäre wie selten hier.

"Allem Anfang wohnt ein Zauber inne", mit dem Zitat Hermann Hesses nimmt die Hausherrin später vor der Presse die ungewohnte Stimmung auf. Und ergänzt, nun wieder die ganz sachlich-pragmatische Kanzlerin, dass der Zauber nur halte, wenn man zu Resultaten komme. Der Zauber ist jedenfalls da. Emmanuel Macron steht in seinem stolzen Land vor so gewaltigen Problemen - und um so größer sind die Erwartungen. In Brüssel, auch und erst recht in Berlin.

Bild: DW

Zwei Mal war Macron als Kandidat in Berlin. Im Januar lauschten ihm in einem ansonsten überfüllten Audimax der Humboldt-Universität von politischer Seite nur einige der großen alten Grünen, Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit. Im März trat bei einer Veranstaltung der Hertie School of Governance der wuchtige Sigmar Gabriel in den Schatten Macrons. Bei beiden Gelegenheiten begeisterte Macron seine zumeist jungen Zuhörer mit einer Mischung aus nüchternem Realismus und sprühender, oft europäischer Zuversicht. Und entschlossen wandte er sich (auch wenn Gabriel und mit ihm der große Jürgen Habermas drängten) dagegen, als Kandidat Kritik oder Erwartungen an Deutschland zu formulieren.

Europa ist ein "Schatz" und Macron verleiht ihm neuen Zauber

Auch an diesem Montagabend sagt Macron, er stehe für ein "Projekt, das ganz klar europafreundlich ist. Ich habe die europäische Idee, das europäische Projekt verteidigt und gleichzeitig auch die deutsch-französische Zusammenarbeit." Wann hat man ein solch großes Wort hier zuletzt gehört…. So etwas gefällt Merkel. In der Menge der Europa-Skeptiker und –Nörgler eine Stimme des Aufbruchs. Vom "Schatz", den man mit Europa habe, spricht sie. Und äußert sich nach dem ersten Gespräch gemeinsam mit Macron - dem vierten Präsidenten, den sie als Kanzlerin erlebt – verbindlich, ungewohnt offensiv: Offen für Reformen der Eurozone, offen für EU-Vertragsveränderungen, interessiert an einer Stärkung der Währungsunion, offen für eine Harmonisierung der Unternehmens-Besteuerung, für Austausch bei Ausbildung und Integration.

Damit schüren beide Erwartungen, und verpflichten sich. Und das ist gut so. In Zeiten, in denen in Europa zu viele Anti-Europäer an politischen Rudern stehen und Populisten auf Abgrenzung setzen, in denen Menschen auch in vielen deutschen Städten für den Schatz Europa auf die Straße gehen, müssen Regierende wieder an das große Projekt Europa erinnern und es neu beleben. Weg von dem Muster der Nachlassverwaltung, bis der letzte das Brüsseler Licht auslöscht. Mit den jüngsten Wahlen in den Niederlanden und Frankreich gibt es einen europäischen Moment, eine Gunst der Stunde. Die Politik muss sie nutzen.

Macron macht sich verletzlich

Dabei geht Macron mit seinen Ankündigungen und der Nähe zu Merkel kein geringes Risiko ein. Im Juni wird zwei Mal gewählt in Frankreich. Mit Zusagen und Gesten der Solidarität aus Berlin kann er punkten, sich aber auch angreifbar machen. Wie verführerisch wäre es für ihn, offen Kritik zu äußern, deutsches und europäisches Geld zu fordern. Nein, Macron weiß (und er sagte dies bereits im Januar), dass Frankreich Hausaufgaben zu bewältigen hat und er will sie mit europäischen Partnern, auch mit Deutschland angehen.

Da wirkte es fast skurril, dass der deutsche Außenminister seine eigene Bühne suchte und den Gast aus dem Elysee-Palast einbinden wollte. Deutsches Hase-und-Igel-Spiel. Nach der Landung in Tegel begrüßte Sigmar Gabriel den Gast und nutzte die Gelegenheit, ("Wir Deutschen müssen die Haltung ändern"), den Kollegen Bundesfinanzminister für dessen "kalte Schulter" gegenüber europäischen und französischen Anliegen zu kritisieren. Entscheidungen, das weiß auch Macron, werden eher im Kanzleramt als auf dem Rollfeld von Tegel vorbereitet.

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