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Eine neue Dimension des Terrorismus

Matthias von Hein9. April 2015

Der Hackerangriff auf den Sender TV5 Monde ist ein klarer Fall von Cyberterrorismus. Man wird sich vor Nachfolgetaten wappnen müssen, denn die Gefahr wird sogar noch zunehmen, meint Matthias von Hein.

Frankreich gehackte Facebook Seite von TV5 Monde
Bild: Reuters/C. Hartmann

Das Weltbild des sogenannten "Islamischen Staats" ist rückwärtsgewandt und mittelalterlich. Nur: Die Methoden der Dschihad-Terroristen sind es leider nicht. Den Cyberspace haben die IS-Terroristen längst als Schlachtfeld entdeckt. Allerdings haben sie hier bislang vor allem Propagandaschlachten ausgefochten: Mit aufwändig produzierten Videos, mit Hochglanz Online-Magazinen, mit dem Bespielen sozialer Netzwerke.

Terroristische Angriffe aus dem Netz

Jetzt hat der Angriff des selbst-ernannten "Cyber-Kalifats" auf den französischen Sender TV5 Monde eine neue Stufe des Cyberterrorismus eingeläutet. Denn um Cyberterrorismus handelt es sich: Eine auch vom Bundeskriminalamt verwendete Definition beschreibt Cyberterrorismus als "den Gebrauch von Cyberkapazitäten, um ermächtigende, störende oder zerstörende militante Operationen durchzuführen und Angst mittels Gewalt oder Gewaltandrohung zu instrumentalisieren, um einen politischen Wandel zu verfolgen". Zerstörend war die Aktion allemal. Sichtlich geschockt sprach Senderchef Yves Bigot von einem sehr schwerwiegenden Cyberangriff. Alle elf TV-Kanäle waren zeitgleich ausgefallen, die Facebook- und Twitter-Konten gekapert worden. Die Produktionstechnik scheint nachhaltig gestört zu sein. Noch Stunden nach dem Angriff konnte TV5 Monde nur vorproduzierte Beiträge senden. Und auch die Drohungen gegen französische Soldaten passen zur Terrorismus-Definition.

Überraschend kommt der Vorfall nicht. Das Bundeskriminalamt hatte bereits im vergangenen Jahr in einer internen Analyse vor terroristischen Bedrohungen aus dem Cyberspace gewarnt. Auch die EU-Polizeiagentur Europol wies im September 2014 in einer Risikoanalyse auf die Gefahren durch Cyberterrorismus hin. Kein Wunder: Wenn man von überall auf der Welt mit einer kleinen Truppe von Spezialisten an weit entfernten Orten großen Schaden anrichten kann, klingt das nach der passenden Strategie für asymmetrische Kriegsführung.

DW-Redakteur Matthias von HeinBild: DW

Das "Cyber-Kalifat" hatte bereits Mitte Januar mit einem eher harmlosen Angriff auf sich aufmerksam gemacht: Da hatte es für rund 30 Minuten die Youtube- und Twitter-Konten des für die US-Kriegsführung in Syrien und im Irak zuständigen US-Central Command gekapert. Weil dabei private Informationen über US-Soldaten und deren Angehörige auf den gekaperten Seiten veröffentlicht wurden, sorgte der Vorfall innerhalb der US-Truppen doch für einige Unruhe. Der jetzige Angriff auf TV5 war deutlich komplexer - und wirkungsvoller. Die Islamisten scheinen dazu zu lernen.

Gefahren wachsen eher noch

Das Problem: Je mehr virtuelle und reale Welt zusammenwachsen, umso größer wird die Gefahr aus dem Cyberraum durch Kriminelle oder Terroristen. Im Dezember vergangenen Jahres meldete Südkorea einen Hackerangriff auf ein Atomkraftwerk. Und auch der jüngste Jahresbericht des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik enthält brisante Details: Da wird von der Zerstörung eines Hochofens infolge eines Hackerangriffs berichtet. Realer Schaden in der realen Welt, ausgelöst durch Manipulationen an den Nullen und Einsen, die diese Welt vermehrt durchdringen. Was, wenn eine Raffinerie, eine große Chemieanlage Ziel eines Angriffs wäre? Oder die so genannten "kritischen Infrastrukturen" wie Strom- und Wasserversorgung oder Verkehrsleittechnik? Man möchte sich solche Szenarien gar nicht ausmalen.

Und: Unsere Welt wird eher nicht sicherer werden. Die nächste Stufe der industriellen Revolution, das Projekt "Industrie 4.0" strebt die vollständige Vernetzung der Fertigungstechnik an. Digitale Hasardeure wird das freuen. Denn damit steigen ihre Chancen noch weiter, Störungen oder gar Katastrophen zu verursachen.


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