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Politik

Etappensieg für die Opposition

Thofern Uta 62 Latin Berlin 201503 18
Uta Thofern
5. März 2019

Der selbsternannte Interimspräsident Guaidó ist im Schutz der Öffentlichkeit nach Venezuela zurückgekehrt, ohne verhaftet zu werden. Das ist ein Erfolg für ihn, aber der Nervenkrieg geht weiter, meint Uta Thofern.

Unmittelbar nach seiner Rückkehr hielt Juan Guaidó wieder unbehelligt eine Kundgebung abBild: picture-alliance/dpa/F. Llano

Juan Guaidó kam nicht so, wie er ausgereist war - unerkannt, irgendwo über die grüne Grenze. Nein, Guaidó landete auf dem internationalen Flughafen von Caracas, passierte unbehelligt die Grenzkontrollen und wurde von zahlreichen Anhängern empfangen. Beinahe wie ein richtiger Präsident. Aber die Anwesenheit etlicher Botschafter, auch des deutschen, signalisierte, dass seine Interimsregentschaft noch lange nicht gesichert ist. Guaidó braucht die internationale Aufmerksamkeit, sie ist seine Lebensversicherung.

Staatschef Maduro hatte angekündigt, dass Guaidó verhaftet würde - wegen illegaler Ausreise und Aufrufs zur Rebellion. Auch seine Vermögensangelegenheiten werden inzwischen durchleuchtet. Maduro hat noch immer eine Möglichkeit gefunden, erfolgreiche Oppositionspolitiker wegzusperren oder auf andere Weise von der Teilnahme an Wahlen auszuschließen. Die Justiz und offensichtlich auch immer noch der entscheidende Teil der Streitkräfte stehen weiterhin scheinbar unverbrüchlich hinter dem chavistischen Regime.

Maduro wartet ab

Dass Guaidó trotzdem fröhlich in die Stadt fahren und vor tausenden jubelnden Anhängern neue Demonstrationen ankündigen konnte, ist zunächst einmal nur ein Zeichen dafür, dass Maduro abwartet. Die Staaten, die den Interimspräsidenten unterstützen - allen voran die USA, aber auch die Europäische Union - hatten sehr deutlich gemacht, dass eine Verhaftung Guaidós Konsequenzen haben würde. Wie diese Konsequenzen aber aussehen könnten, bleibt eine offene Frage.

Uta Thofern leitet die Lateinamerika-Programme

Ein militärisches Eingreifen der USA ist nach wie vor nicht ausgeschlossen, erscheint aber unwahrscheinlich. Eine US-Intervention würde das Land nicht einen, sie würde der Opposition langfristig schaden und sie wird auch von den Nachbarländern abgelehnt, die Guaidó unterstützen. Schon jetzt ist jede amerikanische Drohung für die Chavisten und alle ihre verbliebenen Anhänger ein weiterer Beleg dafür, dass man eine imperialistische Invasion abzuwehren habe. Kuba hat sich mit dieser Argumentation - und russischer wie venezolanischer Hilfe - jahrzehntelang über Wasser gehalten.

Die Sanktionsschraube weiter anzuziehen, ohne die Zivilbevölkerung noch stärker zu treffen, dürfte ebenfalls schwierig sein. Die USA haben mit den Maßnahmen gegen die Ölindustrie ihre schärfste Waffe bereits gezogen, nun können eigentlich nur noch weitere Sanktionen gegen Einzelpersonen folgen. In diesem Spiel auf Zeit wäre entscheidend, wie lange es dauert, bis dem chavistischen Regime durch die wegbrechenden Öleinnahmen tatsächlich die Luft ausgeht - und ob Juan Guaidós Charisma ausreicht, damit seine Anhänger so lange durchhalten.

China und Russland halten Maduro am Leben

Aber es gibt noch weitere Mitspieler: China und vor allem Russland halten Maduros Regime am Leben. Dass der Staatschef seinen Konkurrenten Guaidó bisher unbehelligt lässt, deutet darauf hin, dass beiden nicht an einer internationalen Konfrontation gelegen ist. Russland und China könnten eine entscheidende Rolle dabei spielen, den Nervenkrieg mit einem echten Dialog zwischen den herrschenden Kräften und der Opposition zu beenden. Dazu müssten sie Maduro allerdings fallen lassen, denn er hat bisher jede Form von Verhandlungen nur dazu genutzt, seine Macht weiter zu festigen. Die Opposition weigert sich kategorisch, sich mit ihm noch einmal an den Tisch zu setzen. Würde Guaidó diese Position räumen, wäre sein Rückhalt gefährdet.

Letztlich können nur die Venezolaner selbst über ihre Zukunft entscheiden. Aber weder der Ausweg aus der Dauerkrise noch die irgendwann anstehende Aufgabe, das heruntergewirtschaftete Land wieder in die Nähe seines früheren Wohlstands zu führen, wird ohne internationale Hilfe zu bewältigen sein.

Uta Thofern Leiterin Lateinamerika-Redaktionen, Schwerpunkt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte
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