Ein Teil der amerikanischen Wirtschaftssanktionen gegen das von Donald Trump zum Erzfeind auserkorene Mullah-Regime in Teheran ist wieder in Kraft. Sie werden die iranische Wirtschaft weiter schwächen. Die Europäische Union, die sich auf die Seite der Machthaber im Iran geschlagen hat, um das Atomabkommen zu retten, wird das nicht verhindern können. Das als Gegenschlag erdachte Gesetz, Blocking Statute genannt, ist zwar gut gemeint, wird aber praktisch keine Wirkung entfalten.
Unternehmen aus der EU, die den amerikanischen Sanktionen folgen, könnten theoretisch bestraft werden. Gleichzeitig kann und will niemand Unternehmen zwingen, im Iran oder mit dem Iran Geschäfte zu machen. Die unternehmerische Freiheit, ein Grundrecht, kann die EU nicht einschränken. Vor die Wahl gestellt werden sich die Firmen für ihre Verbindungen zum US-Markt entscheiden und den Iran sausen lassen. Viele Unternehmen haben das bereits angekündigt, weitere werden folgen. Selbst die "Europäische Investitionsbank", die den EU-Mitgliedsstaaten gehört, will keine Geschäfte mit Teheran mehr finanzieren, aus Furcht vor amerikanischer Sanktionsmacht.
Die Möglichkeit für europäische Unternehmen vor europäischen Gerichte den amerikanischen Staat oder amerikanische Geschäftspartner auf Schadenersatz zu verklagen, ist ebenfalls mehr Theorie als praktische Lösung. Es gibt keinen Präzedenzfall. In letzter Konsequenz müssten europäische Richter amerikanische Vermögenswerte in der EU pfänden, um Schadenersatzansprüche zu begleichen. Ein solches Verfahren ist riskant, langwierig und teuer. Wohl nur einzelne Unternehmen würden dieses Abenteuer wagen.
EU rätselt über Trumps Motive
Die EU hofft darauf - immerhin bemerkenswert geschlossen - , dass die US-Administration das politische Signal versteht. Europa will sich dem einseitigen, brutalen Vorgehen der USA nicht unterwerfen. 1996, als das "Blocking Statute" erfunden wurde, hat das noch funktioniert. Damals ging es um Sanktionen gegen Kuba und auch den Iran, die die USA gegen den Willen der Europäer verhängt hatten. Der damalige US-Präsident Bill Clinton gab nach und setzte die Sanktionen für europäische Unternehmen aus. Das ist lange her. Der sture Isolationist Donald Trump ist weiß Gott nicht Bill Clinton.
Die Mittel der EU, das Iran-Abkommen, das eine nukleare Aufrüstung des Iran verhindern sollte, noch am Leben zu erhalten, sind gering. Die Macht des Wirtschaftsgiganten USA ist größer. Bald schon werden russische und chinesische Staatsunternehmen in die Lücken springen, die europäische Unternehmen hinterlassen werden. Sie werden amerikanische Sanktionen kaum zu spüren bekommen, weil sie keine Verbindung zum US-Markt haben. Die EU bastelt an einer Art neuem Finanzkanal zwischen Teheran, London, Paris und Berlin. Damit soll das von den USA dominierte internationale Bankensystem umgangen werden, um wenigstens Öl- und Gasexporte aus dem Iran zu ermöglichen. Von November an will Donald Trump diesen Lebensnerv der Mullahs treffen.
Grundsätzlich hält die EU den Weg der Destabilisierung des Regimes, den die US-Administration jetzt beschreitet, für höchst gefährlich. Iran könnte in seiner Außenpolitik noch aggressiver werden, wieder nach Atomwaffen streben. Wenn das Regime kollabieren würde, droht ein weiterer "failing state" im Mittleren Osten. Das Beispiel Irak sollte eigentlich abschreckend genug sein.
Selbst wenn es dem US-Präsidenten mit seiner brachialen "Deal-maker"-Taktik gelingen sollte, den iranischen Präsidenten zu einem Gipfeltreffen zu bewegen, ist es höchst unwahrscheinlich, dass Teheran auf die maximalen Forderungen aus Washington eingehen wird. Nach Diktator Kim und Autokrat Putin jetzt ein weiterer skurriler Gipfel mit Theokrat Rohani? Diplomaten in Brüssel und anderswo in Europa verzweifeln langsam.
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