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Politik

EU muss überzeugende Antworten finden

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
8. April 2020

Die Finanzminister der Euro-Zone trennen sich im Streit. Das übliche Drama bei EU-Verhandlungen? Nein, es geht um mehr in der Corona-Krise, meint Bernd Riegert.

Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/McPhoto

Es ist sehr beunruhigend, dass die Finanzminister der 19 Staaten mit dem Euro als Währung sich nach 16 Stunden ergebnisloser Verhandlungen vertagen mussten. Die Fragen, wie die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise aufgefangen werden und der Wiederaufbau gemeinsam finanziert werden kann, sind ungelöst. Neun Staaten in der Eurozone wollen gemeinschaftlich Schulden machen, vier Staaten, darunter Deutschland sind dagegen. Bei dem Streit geht es nicht um Prinzipien-Reiterei, sondern um das nackte wirtschaftliche Überleben. Anders als in der im Vergleich geradezu bescheiden anmutenden Staatsschuldenkrise um Griechenland vor fünf Jahren geht es nicht darum, ob knausrige reiche Länder im Norden den armen Ländern in der EU helfen und Kredite garantieren.

Wer hat am Ende noch Geld?

Nein, am Ende dieser Corona-Katastrophe weiß niemand recht vorherzusagen, ob es noch reiche Länder geben wird, die anderen helfen könnten. Die größte Rezession seit 90 Jahren trifft eben nicht nur Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, sondern mit voller Wucht auch Deutschland, Großbritannien, die USA, ja die gesamte Weltwirtschaft. Deshalb ist wohl verständlich, dass der deutsche Finanzminister, der allein für die deutsche Wirtschaft schon Kreditgarantien von rund 1200 Milliarden Euro zusagen musste, zögert, die gleichen Versprechen auch für die übrigen Euro-Staaten abzugeben. Nichts anderes wäre die Einführung von Eurobonds oder Coronabonds oder gemeinsamen Schulden.

Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Genauso verständlich ist aber auch, dass zum Beispiel der italienische Ministerpräsident auf gemeinsamen Schulden besteht, weil er sehr genau weiß, dass er die 400 Milliarden Euro, die er seinen Landsleuten versprochen hat, nicht alleine an den Finanzmärkten wird finanzieren können. Italien soll gar damit drohen, die Eurozone oder gleich die Europäische Union zu verlassen, wenn es nicht die verlangten Kreditzusagen bekommt. In der Runde der Finanzminister geht es also ums Ganze, um das finanzielle Überleben und die Zukunft der Europäischen Union. Kein Wunder also, dass die deutsche Bundeskanzlerin vom härtesten Test gesprochen hat, den die EU seit ihrer Gründung zu bestehen hat.

Es geht ums Ganze

Am Donnerstag sollen die Finanzminister weiter beraten. Kommende Woche werden sich die Staats- und Regierungschefs, die schon einmal im Streit auseinander gingen, wieder mit diesem größtmöglichen Test befassen müssen. Und sie werden entscheiden müssen. Jeder Tag, den sie warten und die Wirtschaft im Koma halten, kostet Dutzende Milliarden Euro. Bis jetzt konnten sich die EU-Staaten auch nicht auf einen Weg aus der Krise heraus einigen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die an diesem Mittwoch einen Fahrplan zur Normalisierung des Lebens in der EU vorstellen wollte, wurde von wütenden Staats- und Regierungschefs telefonisch zurückgepfiffen. Jeder EU-Staat geht wegen der als existenziell empfundenen Bedrohung alleine vor, um die eigenen Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Von koordiniertem Ausstieg ist wenig zu sehen. So wird es noch Monate dauern bis das wirtschaftliche und soziale Leben in Europa wieder funktioniert. Haben wir so viel Zeit? Hält die Europäische Union das durch?

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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