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Politik

EU sollte Trumps Zoll-Spielchen nicht mitmachen

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
1. Mai 2018

US-Präsident Trump will den Streit mit den Europäern um Strafzölle nicht beilegen, sondern verlängern. Er ist süchtig nach Aufmerksamkeit und braucht die Show für seine Anhänger. Das ist gefährlich, meint Bernd Riegert.

Politik als Show des starken Mannes: Trumps "The Apprentice" ist das Vorbild (Archiv 2004)Bild: Getty Images/A. Edwards

Das Drama um die Strafzölle für Stahl und Aluminium, mit denen die USA ihren Handelspartnern drohen, geht in die nächste Runde. Kurz vor dem Auslaufen einer willkürlich gesetzten Frist hat US-Präsident Donald Trump weitere vier Wochen Schwebezustand angeordnet, in denen er seine Bedingungen durchsetzen will. Das ist Handelspolitik, die der Dramaturgie einer Fernsehshow folgt, wie sie der ehemalige TV-Star jahrelang moderiert hat - unerwartete Wendungen und Cliffhanger inklusive. Hauptsache die Quote stimmt und die Leute schauen auf ihn, den zornigen Nationalisten im Weißen Haus, der sein Land angeblich wieder groß machen will. Selbst das gute Zureden von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel haben in den vergangenen Tagen nichts genutzt. Dieser Präsident weiß seine Verbündeten nicht zu schätzen. Er ließ sie abblitzen wie Kandidaten in seiner früheren Lehrlings-Show "The Apprentice". Für ihn zählt nur er selbst, die Trump-Show muss weitergehen, auch wenn sie am Ende den USA selbst wirtschaftlichen Schaden zufügen würde.

Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Nun wird also bis Juni weiter gefeilscht werden. Der US-Präsident und seine merkantilistischen Berater haben klar gemacht, dass sie der EU bei Stahl und Aluminium die Bedingungen diktieren wollen. Sie verlangen eine Quotierung der Importe, um unrentablen US-Stahl zu schützen. Diese Regelung widerspricht den bisherigen Grundsätzen des freien Welthandels, den die Vereinigten Staaten mit Hilfe der Welthandelsorganisation selbst geschaffen haben. Bislang hat nur Südkorea einer solchen Quotenregelung zugestimmt, weil es die Schutzmacht USA nicht verprellen will. Kanada und Brasilien, die Hauptlieferanten der USA beim Stahl, dürfen vermutlich auf bessere Konditionen hoffen. Die Europäische Union darf dem Erpressungsversuch aus dem Weißen Haus auf keinen Fall nachgeben. Mit der Androhung von mutmaßlich unzulässigen Zöllen Schutzquoten für die eigene Wirtschaft zu erzwingen, das geht gar nicht. Man kann dem sprunghaften Präsidenten höchstens anbieten, über das Zollregime über alle Sektoren hinweg breit zu verhandeln, wenn die angedrohten Strafzölle dauerhaft ausgesetzt werden.

Nur der Knalleffekt zählt

Die EU muss vor allem geschlossen auftreten und den Anfängen wehren. Funktionierte das Trump-Modell bei Stahl und Aluminium, würde es der sprunghafte Präsident skrupellos auch in anderen Wirtschaftssektoren versuchen, zum Beispiel beim Handel mit Autos. Die US-Stahlindustrie, deren Produkte die amerikanischen Kunden nicht kaufen wollen, durch Quoten abzuschotten, ist widersinnig. Selbst amerikanische Unternehmen haben sich gegen die Zollpeitsche à la Trump ausgesprochen. Was die Wirtschafts-Nationalisten im Weißen Haus als "unfair" bezeichnen, ist das Ergebnis einer jahrelangen Marktentwicklung. Niemand hat die amerikanischen Kunden gezwungen, europäischen Spezial-Stahl zu kaufen. Er ist nur einfach besser oder billiger oder beides. Die US-Stahlindustrie wäre gar nicht in der Lage, wegbrechende Importe von heute auf morgen selbst herzustellen. Das ist eine reine Fantasie des Präsidenten. Die Lieferketten in den USA würden getroffen, Produkte für die amerikanischen Verbraucher wahrscheinlich teurer. Wirtschaftslogik in einer vernetzten Welt allerdings ist der selbstverliebte Macho Trump nicht zugänglich. Es zählt nur der Knalleffekt. Er will Aufmerksamkeit. Die hat er sich jetzt für weitere vier Wochen gesichert.

Die EU hat überhaupt keinen Grund, sich zu verstecken. Geschlossen ist sie eine den USA ebenbürtige Wirtschaftsmacht. Da sind übrigens auch noch die Briten mit an Bord, denen die US-Zollpolitik trotz Brexit gar nicht schmecken kann. Donald Trump will reden? Also reden wir, und zwar über die Zölle auf alle wichtigen Warengruppen und ein umfassendes Zollabkommen, das in Trumps Augen "fair" sein könnte. Dann wäre man auch ganz schnell bei der Diskussion über die Handelsbilanzdefizite in den USA beziehungsweise die Überschüsse in der Euro-Zone, vor allem in Deutschland. Die Defizite haben wie beim Stahl nichts damit zu tun, dass man die Amerikaner unfair dazu zwingen würde, europäische Waren zu kaufen. Sie wollen sie. Die wachsende amerikanische Wirtschaft braucht sie. Diesen Konsum finanzieren die USA seit vielen Jahren durch eine immer höhere Verschuldung. Die Schulden machen sie in China und Europa. Das führt bei uns zu einem enormen Abfluss an Kapital, was nicht unbedingt gut für die eigene wirtschaftliche Entwicklung ist. Der Konsum und die Investitionen in Europa sind zu niedrig. Alles schön und gut, aber durch Handelspolitik oder gar Zölle lassen sich diese Ungleichgewichte nicht korrigieren.

Die USA haben in den Sektoren Finanzdienstleistungen, Bildung und Dienstleistungen im Internet ihrerseits einen Handelsbilanzüberschuss. Will Präsident Trump diesen auch abschmelzen? Hier verdienen die USA aber ihr Geld. Unfair?

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Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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