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Politik

Falsche Antworten auf die AfD

Scholz Kay-Alexander Kommentarbild App
Kay-Alexander Scholz
6. Januar 2018

Die Christsozialen haben sich bei ihrer Klausur wieder mächtig ins Zeug gelegt. Weniger Holzhammer wäre besser, meint Kay-Alexander Scholz und empfiehlt der CSU, ihre Medienstrategie zu überdenken.

Bild: Reuters/M. Rehle

Populismus fängt nicht nur mit der AfD an. Populismus ist auch ein spezieller Blick auf die Welt, der vereinfacht, von Schwarz-Weiß-Denken lebt, wenig differenziert und viel verspricht. Die Leerstellen werden von Grellem und Lautem ausgefüllt. Deshalb passen die Mittel des Boulevards so gut dazu: Skandal, Grenzüberschreitung und Personalisierung.

Träger von Populismus sind also nicht nur Politiker, sondern auch Medien, egal ob analog oder digital. Spielen sie zusammen, verstärkt der eine den anderen.

Die CSU gilt traditionell als Partei, die gerne provoziert. Deshalb sind ihre Klausurtagungen auch immer große Medienevents, die das spiegeln sollen. Es gibt gute Gründe für dieses Verhalten der CSU. Weil die bayerische Schwesterpartei der CDU eigentlich nur eine Regionalpartei ist, die um bundesweite Aufmerksamkeit kämpfen muss. Oder weil die CSU traditionell die Aufgabe hat, den rechten, oft nicht "gemütlichen" Rand des Parteienspektrums einzubinden.

Falsche Töne machen falsche Musik

Doch dieses Mal hat die Partei überzogen. Die vermeintlichen Antworten auf die starke Konkurrenz von noch weiter rechts, nämlich von der AfD, sind die falschen. So ehrlich die Motivation auch sein mag, den rechten Rand wieder einbinden zu wollen. Indem man diesem hinterherrennt, macht man ihn nur stärker.

DW-Korrespondent Kay-Alexander Scholz

Vor der Klausur im Kloster Seeon hatte der neue CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, einen Namensbeitrag für eine überregionale Tageszeitung geschrieben. Offenbar ein Versuch einen aus christsozialer Sicht notwendigen Aufbruch zu einer konservativen Wende einzufordern. Doch der war gespickt mit Worten, die man so schon einmal bei der AfD gelesen hat, und insofern kontraproduktiv. Das undifferenzierte 68er-Bashing darin sollte nicht zum CSU-Repertoire gehören. Letztlich profitieren auch Christsoziale von den damals erreichten gesellschaftlichen Fortschritten. Auch das Schimpfen über eine angeblich gleichgeschaltete linksliberale Presse ist unangebracht. Aber egal, mag sich Dobrindt gedacht haben: Hauptsache, im Text steht so viel Provokantes, dass alle darüber schreiben.

Stargast aus Budapest

Auch die CSU-Einladung an Viktor Orban, nach Seeon zu kommen, sendet das falsche Signal: Wenn dort - wie geschehen - der ungarische Regierungschef öffentlich als gesetzestreuer Staatsmann ohne Fehl und Tadel auf die Bühne gestellt wird, um Berlin und die Medien zu provozieren, dann ist das unklug. Denn das eigentliche Anliegen, nämlich die Staaten in Osteuropa nicht noch stärker politisch zu verlieren und auch wirtschaftlich einzubinden, rückt durch diese Inszenierung in den Hintergrund. Da hilft auch keine Ausrede, man wolle nur ein höflicher Gastgeber sein.

Der Medienskandal um die Äußerung eines CSU-Europapolitikers zur "finalen Lösung der Flüchtlingsfrage" ist beispielhaft. Egal, ob absichtlich gesagt oder falsch zitiert. Die Aussage ist in der Welt, da hilft auch kein Dementi. Die Medien spielen mit, denn Nazi-Vergleiche ziehen immer. Das erinnert an die mediale Präsenz der AfD mit ihren vielen Skandalen aufgrund von Tweets oder Interviews.

Die CSU hat viel zu verlieren

Die CSU will AfD-Wähler zurückgewinnen - zumindest die Systemkritiker. Die Systemfeinde sieht man erst mal als "verloren" an. Doch die CSU sollte dabei die Rezepte der Populisten nicht weiter kopieren und stattdessen seriöse Politik anbieten.

Ein Anfang ist gemacht, wenn selbstkritisch gefragt wird, warum gute Wirtschaftszahlen allein nicht mehr glücklich zu machen scheinen. Oder wenn wieder stärker auf den Bürger gehört werden soll. Erinnert sei an eine TV-Wahlkampfveranstaltung, in der ein junger Pfleger die Kanzlerin in die Enge trieb. Seither ist die Situation in der Pflege ein wichtiges Thema in der Politik geworden. Aber eben auch erst nach dem als heldenhaft interpretierten Auftritt des Bürgers.

Welche anderen Antworten es geben könnte? Mal sehen! Eine Garantie, dass die AfD wieder verschwindet, gibt es nicht. Da reicht ein Blick in andere europäische Staaten mit ihren AfD-verwandten Parteien. Für die CSU könnte das bedeuten, dass sie ihre komfortable Lage in Bayern verliert, ohne Koalitionspartner alleine in München regieren zu können. Doch ohne die absolute Mehrheit im Rücken kann der "bayerische Löwe" in Berlin auch nicht mehr so laut brüllen, wie er es gerne mag.

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