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Politik

Farce am Nil

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp
29. März 2018

Die ersten Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen in Ägypten zeigen einen Triumph für Präsident al-Sisi - jedenfalls, wenn man sie glauben will. Denn wirklich aussagekräftig sind sie nicht, meint Kersten Knipp.

Bild: Reuters/The Egyptian Presidency

Ob die Wahlkommission mit dem ersten Ergebnis der ägyptischen Präsidentschaftswahlen vielleicht doch noch ein wenig hätte warten sollen? 92 Prozent der Stimmen habe Al-Sisi bislang auf sich vereint - die Zahl steht im Raum. Und sie muss fürs erste gegen die 97 Prozent bestehen, die der alte und neue Präsident bei den Wahlen des Jahres 2014 erzielt hatte.

Jedenfalls dann, wenn man solche Ergebnisse überhaupt ernst nehmen will. In Europa zumindest fühlt man sich an alte Zeiten erinnert, an die Epoche des Kalten Krieges. Da erzielten dergleichen Traumergebnisse graue Regime im östlichen Teil Europas. Allen, die sie zur Kenntnis nahmen, war klar, wie sie zustande kamen. Es war die Zeit, als die politische Farce noch auf der Weltbühne gegeben wurde, ganz ungeachtet der Tatsache, dass niemand an sie glaubte, 

Barocke Blüten

Zurück in die Gegenwart. Vorausgesetzt, die Wahlkommission findet nicht doch noch irgendwo ein paar Stimmen zugunsten des Generalissimus an der Staatsspitze, bleiben fünf Prozent weniger für den General an der Spitze des Staates - das ist zweifellos ein Makel. Vielleicht ist es aber auch so, dass die 97 Prozent aus der vorigen Wahl nun doch ein wenig arg übertrieben waren, und al-Sisi & Co mit dem etwas bescheideneren Ergebnis nun auch ganz zufrieden sind - es wirkt nicht ganz so barock überladen. Weniger, könnte man sich in Kairo gedacht haben, ist gelegentlich auch mehr. Und die Freunde im Westen dürften die neue Bescheidenheit ebenfalls gerne sehen.

DW-Autor Kersten Knipp

Der Sieger stand fest

Nicht ganz so gerne wird man vernehmen, dass die Ägypter, jedenfalls den bislang vorliegenden Zahlen zufolge, von der Wahl gar nicht so viel halten, sich zumindest nichts von ihr versprechen. Von den 60 Millionen Wahlberechtigten haben Presseberichten zufolge gerade 23 Millionen gewählt - also nicht einmal 40 Prozent. Wozu auch? Zur Wahl stand nur ein ernsthafter Kandidat - und ein weiterer, der sich nicht zu schade war, in dieser Farce die Rolle des Gegenkandidaten zu geben. Der Sieger, soviel war von Anfang an klar, würde al-Sisi heißen.

Obwohl dieser hat bislang nicht viel vorzuweisen hat. Die Wirtschaftsdaten sind weiterhin bescheiden, um es höflich zu formulieren. Der Bevölkerung geht es nicht gut. Ökonomisch nicht und politisch auch nicht. Nicht erst seit Beginn des "Wahlkampfs" schreitet das Land im ideologischen Gleichschritt, ist der Pluralismus einen elenden Erstickungstod gestorben. Und wer es doch ein wenig anders oder bunter mochte, sah sich, wenn er öffentlich darüber plauderte, schnell hinter dicken, dunklen Mauern wieder - über nähere Einzelheiten informieren Menschenrechtsorganisationen. Deren Befund, kurz gefasst: Es sieht nicht gut aus, gar nicht gut.

Kritiker und Kerker

Gewiss: Ägypten muss gegen brandgefährliche Terroristen kämpfen, hat die Mörderbanden des "Islamischen Staat" und anderer frommer Massenmörder im eigenen Land. Die Frage ist nur, was all die anderen gemäßigten Oppositionellen und Kritiker damit zu tun haben, die zu vielen Tausenden die Kerker des Regimes füllen.

Angesichts solcher Umstände, mag sich die Mehrheit der Ägypter gedacht haben, verbietet es sich schon aus Gründen der politischen Selbstachtung, zur Wahl gehen. Mehr desselben an der Staatsspitze macht die Sache nicht besser.

Druck und Gegendruck

Die westlichen Regierungen halten sich vornehm zurück. Denn al-Sisi, heißt es, halte Ägypten stabil. Dergleichen sagte man allerdings auch von Mubarak - um dann zu sehen, dass diese Stabilität dann doch recht brüchig war.

Auf al-Sisi zu setzen, ist darum ein riskant. Wie lange er den Deckel auf dem ägyptischen Topf halten kann, ist offen. Erhöhten Gegendruck für Stabilität  halten zu wollen, ist ethisch fragwürdig und politisch riskant.

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Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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