Mit dem Sieg in Dortmund ist den Bayern die Vorentscheidung im Titelrennen gelungen, glaubt Stefan Nestler. Die Münchener werden im Bundesliga-Schlussspurt nicht mehr stolpern, schon gar nicht vor leeren Rängen.
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FC Bayern meisterlich - BVB hinkt hinterher
Ein Effekt von Geisterspielen - das ist schon jetzt am dritten Spieltag nach der Corona-Pause offensichtlich - ist der, dass der Heimvorteil dahin ist. Überproportional oft setzt sich bislang das Gästeteam durch, wenn der Heimmannschaft der "zwölfte Mann" fehlt, das Publikum. In bisher 22 Partien gab es nur drei Heimerfolge, zwölfmal triumphierten dagegen die Auswärtsmannschaften. Ohne die Anfeuerung von den Tribünen ist Fußball eben der nackte Qualitätsvergleich zweier Teams. Und den hat im Spitzenspiel der Bundesliga der FC Bayern für sich entschieden. Der Tabellenführer aus München gewann 1:0 (1:0) und war auch wirklich dieses eine Tor besser als der Verfolger Borussia Dortmund.
1:0 in Sachen individuelle Klasse
Beide Mannschaften spielten auf hohem technischem Niveau, aber die Münchener einen Tick genauer. Bei den Dortmundern kamen viele der Pässe ins Sturmzentrum nicht an, sodass sich Supertalent Erling Haaland im Strafraum gegen Bayerns Abwehrroutinier Jerome Boateng aufrieb. Der einzige Treffer des Abends resultierte aus einem Geniestreich. Nationalspieler Joshua Kimmich nutzte mit einem gefühlvollen Lupfer gnadenlos aus, dass BVB-Torwart Roman Bürki etwas zu weit vor seinem Kasten stand. Klasse gemacht. Und diese individuelle Klasse machte den Unterschied.
1:0 auch im Taktikduell
Münchens Trainer Hansi Flick gewann auch das Taktikduell gegen BVB-Coach Lucien Favre. Flick setzte seine Defensive auf den zuletzt überragend aufspielenden Dortmunder Offensivspieler Julian Brandt an. Der sah sich häufig nicht nur einem, sondern zwei Gegenspielern gegenüber und konnte dadurch nicht wie sonst die Strippen in der BVB-Offensive ziehen. Favre agierte nicht, sondern reagierte nur. In der zweiten Hälfte nahm er Brandt aus dem Spiel und brachte für ihn den hochtalentierten, aber wohl noch leicht angeschlagenen Jadon Sancho. Warum stellte er den Engländer nicht an die Seite des deutschen Nationalspielers? Gemeinsam wären Sancho und Brandt vielleicht in der Lage gewesen, den Bayern-Riegel zu knacken. Doch zu dieser Risikovariante fehlte Favre der Mut. Erst in den letzten Minuten setzte er alles auf eine Karte - zu spät.
Wer soll dem FCB noch gefährlich werden?
Dieses 1:0 war zwar keine Demütigung für den BVB, wie es sie in den letzten beiden Bundesliga-Duellen in München, die mit 5:0 und 4:0 für die Bayern endeten, gegeben hatte. Und doch dürfte dieser knappe Erfolg der Bayern die Vorentscheidung im Titelrennen sein. Sieben Punkte vor dem Zweitplatzierten bei sechs noch ausstehenden Spielen - noch nie hat ein Tabellenführer in der Bundesliga-Geschichte in dieser Situation einen so großen Vorsprung verspielt. Und wer sollte die Bayern auf ihrem Weg zum achten Titel in Serie stoppen? Der BVB hat seine letzte realistische Chance verspielt. Die Münchener können sich eigentlich nur noch selbst schlagen. Doch nach dem meisterlichen Auftritt in Dortmund glaubt daran wohl niemand mehr. Denn im Spiel elf gegen elf ohne Publikum zeigt sich noch deutlicher, dass die Bayern mal wieder einfach die Besten sind.
FC Bayern gegen Borussia Dortmund: Klassiker der Bundesliga
Ostersamstag geht es nicht um die Meisterschaft der Fußball-Bundesliga. Doch Duelle des FCB und BVB sorgen immer wieder für denkwürdige Momente: ob Kahns "Kung-Fu-Tritt", eine Elf-Tore-Packung oder einen Stürmer im Tor.
Bild: Revierfoto/dpa/picture alliance
Sieg auf "roter Erde"
Eines der ersten Duelle der beiden Widersacher in der Bundesliga endet mit einem klaren Erfolg für den BVB: Schwarz-Gelb gewinnt 1967 im Stadion Rote Erde mit 4:0 - der Untergrund auch damals übrigens schon entgegen des Stadion-Namens: grüner Rasen.
Bild: picture-alliance/dpa
Demontage durch den "Bomber"
Der "Bomber der Nation", Gerd Müller (2.v.l.), ist mit vier Toren hauptverantwortlich für eine der bittersten Pleiten der BVB-Vereinsgeschichte: 11:1 siegt der FC Bayern München an jenem denkwürdigen 27. November 1971 - der bis heute höchste Sieg der Bayern in der Bundesliga.
Bild: picture-alliance/dpa
Wie kann er den nicht machen?
Diese Frage stellen sich damals alle Fans, sowohl die des BVB als auch jene des FCB: Dortmunds Angreifer Frank Mill (l.) hat Bayern Keeper Jean-Marie Pfaff (r.) am 9. August 1986 bereits ausgespielt, läuft mutterseelenallein auf das leere Tor zu, trifft dann aber aus kurzer Distanz nur den Pfosten. Durch diesen Kunstschuss im negativen Sinn endet das Spiel "nur" 2:2.
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Heul doch!
Dortmunds Andreas Möller (r.) ist eine schillernde Figur auf dem Platz: manchmal genial am Ball, manchmal mit grotesken Schwalben. Bayerns Lothar Matthäus legt 1997 im Duell der Mittelfeld-Regisseure den Finger in diese Wunde und nennt Möller wild gestikulierend eine "Heulsuse". Freunde werden die beiden Nationalmannschaftskollegen nie.
Bild: imago/Team 2
Kung-Fu-Kahn
Freunde macht sich auch Oliver Kahn eher selten in Dortmund: Der "Torwart-Titan" (r.) scheint im April 1999 zu 100 Prozent aus Adrenalin zu bestehen. In Kung-Fu-Manier springt er Richtung BVB-Angreifer Stéphane Chapuisat. Der kann gerade noch flüchten. Im gleichen Spiel knabbert Kahn außerdem am Hals von Chapuisats Sturmkollege Heiko Herrlich.
Bild: imago/Team 2
Schlacht der Hitzköpfe
Ein Spiel, das niemanden kalt lässt: Im April 2001 kämpfen beide Teams mit einer bis dahin in diesem Duell noch nie da gewesenen Härte gegeneinander: Drei Platzverweise und 13 Gelbe Karten sind die Bilanz dieses "Foul-Spiels", das eigentlich permanent vom Schiedsrichter unterbrochen werden muss. Tore gibt es auch. Das Spiel endet schiedlich-friedlich 1:1.
Bild: imago/Team 2
Sein Kasten blieb sauber
Jan Koller ist eigentlich Stürmer. Doch im November 2002 schult er kurzerhand auf Torhüter um - gezwungenermaßen. Nachdem Jens Lehmann vom Platz fliegt und der BVB nicht mehr wechseln darf, geht der 2,02 Meter große Koller in der 67. Spielminute ins Tor. Er hält seinen Kasten sauber und pariert sogar einen Gewaltschuss von Michael Ballack. Dennoch gewinnt der FCB am Ende mit 2:1.
Bild: imago/MIS
Wachablösung auf Zeit
2011 und 2012 ist auf einmal der BVB ganz oben. Unter Jürgen Klopp gewinnen die Dortmunder zwei Meisterschaften und holen 2012 sogar das Double. Im Pokalfinale fertigen sie die Bayern mit 5:2 ab. Viele sprechen damals von einer Demütigung der Bayern und einer Wachablösung im deutschen Fußball. Allerdings: Wie sich zeigt, ist das nur eine Momentaufnahme.
Bild: Marius Becker/dpa/picture alliance
Arjen Robben und sein Golden Goal
Den "Biggest Point" holen die Bayern: Das Spiel der Spiele entscheiden die Münchener für sich. Im Champions-League-Finale 2013 in London feiern am Ende die Roten. Allen voran Siegtorschütze Arjen Robben, der das 2:1 im Wembley-Stadion schießt und seinen Verein mit der Vollendung des Triples aus Meisterschaft, Pokal und Königsklasse an die Spitze des europäischen Fußballs katapultiert.
Bild: Reuters
(Kein) Duell auf Augenhöhe
Einige Jahre lang geben sich beide Klubs nicht viel - mal gewinnt der eine, mal der andere. Aber Meister werden nach 2012 am Ende immer die Bayern. Nachdem Torjäger Robert Lewandowski (l.) 2014 vom BVB nach München wechselt, schlägt das Pendel mehr und mehr zugunsten der Bayern um. Hohe Siege, wie das 6:0 im März 2018 (Foto), sind keine Seltenheit.
Bild: imago/ActionPictures/P. Schatz
Anfang einer Durststrecke
Ihren bisher letzten Sieg in der Bundesliga gegen Bayern schaffen die Dortmunder im November 2018. Paco Alcacer (l.) und Marco Reus erzielen damals die Tore zum 3:2 des BVB. Doch damit beginnt eine "schwarze Serie" für Dortmund, das sich in den Folgejahren an Dauermeister München in der Liga die Zähne ausbeißt. Einzige Ausnahme ist der DFL-Supercup 2019, den der BVB mit 2:0 gegen Bayern gewinnt.
Bild: Ellerbrake/Fotostand/picture alliance
Tiefpunkt gegen Mainz
Der wohl bitterste Moment der Dortmunder Vereinsgeschichte ereignet sich Ende der Saison 2022/2023. Der BVB braucht im Fernduell mit dem FC Bayern um die Meisterschaft nur einen Sieg gegen den FSV Mainz, dann hat man nach elf Jahren wieder den Titel. Doch die Dortmunder schaffen es nicht und lassen sich auf der Zielgeraden doch noch von den Münchenern abfangen.
Bild: Wolfgang Rattay/REUTERS
Dreifacher Kane
Das Hinspiel in der aktuellen Saison endete ebenfalls mit einem Sieg für die Münchener. Ihrem neuen Torjäger Harry Kane gelangen beim 4:2 Auswärtserfolg drei Treffer. Es war das zehne Bundesliga-Duell in Folge, das der FCB gegen Dortmund nicht verlor. Dabei schafften die Bayern neun Siege und leisteten sich nur ein Unentschieden.
Bild: Revierfoto/dpa/picture alliance
Auf beiden Bänken
Für Thomas Tuchel ist es die vorerst letzte Teilnahme am deutschen Klassiker. Der Bayern-Coach ist einer von mehreren Trainern, die sowohl den FC Bayern als auch Borussia Dortmund trainiert haben. Zu diesem illustren Kreis zählen unter anderem auch Ottmar Hitzfeld, Otto Rehhagel, Udo Lattek und Ex-Bundestrainer Erich Ribbeck.