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Politik

Gelbe Karte für Deutschland

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Jens Thurau
27. Februar 2018

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Bei dicker Luft können Dieselfahrzeuge aus Städten und Gemeinden verbannt werden. Ein Offenbarungseid für Politik und Industrie, meint Jens Thurau.

Bild: picture alliance/dpa/D. Naupold

Wie war das noch, damals? Vor allem zu Beginn ihrer langen Zeit im Kanzleramt trug Angela Merkel den Beinamen "Klimakanzlerin". Sie half, die internationale Klimaschutzpolitik voranzubringen, sie leistete Überzeugungsarbeit im Kreise der großen Industrieländer, der G8 und später der G7. Sie erklärte die Energiewende zu Priorität. Aber sie vergaß, auch die potente deutsche Autoindustrie auf dem Weg in die umweltfreundliche Zukunft mitzunehmen.

Die half sich dann selbst: Setzte weiterhin auf PS-starke Fahrzeuge, verschlief den Einstieg in die Elektro-Mobilität und setzte schließlich auf den Dieselantrieb, weil der weniger Klimagase ausstößt als der Benzinmotor. Dafür aber eben sehr viele Stickoxide. Und die Konzerne betrogen nach Strich um Faden, um die hohen Werte zu verschleiern.

Klare Sprache des Gerichts

Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig der Klage von Umweltschützern Recht gegeben: Wenn nichts mehr hilft, wenn die Stickoxid-Grenzwerte weiter überschritten werden - und das werden sie in mehreren Dutzend deutschen Städten - dann können (und müssen am Ende wohl) die Städte und Gemeinden die Dieselautos von ihren belasteten Straßen und Innenstädten fernhalten. Das Gericht setzt durch, was die Politik verschlafen hat.

Rechnung zahlen die Diesel-Fahrer

Die Rechnung dafür wird vorerst wohl den gutgläubigen Käufern von Dieselautos präsentiert, und damit auch vielen kleinen Gewerbetreibenden im Land. Die Versuche von Politik und Autoindustrie, das Problem durch eine bessere Software der Fahrzeuge aus der Welt zu schaffen, waren bisher halbherzig. Eine richtig teure, aber wirksame Nachrüstung kostet dann doch mehrere tausend Euro pro Fahrzeug - und die will die Industrie nicht zahlen. Bislang jedenfalls nicht, Fahrverbote könnten das ändern. Die Politik, die dem potenten Wirtschaftszweig nicht noch mehr verärgern will, müht sich derweil, mit allerlei begleitenden Maßnahmen, das Problem zu lösen: Sie denkt nach über einen kostenfreien öffentlichen Nahverkehr, will Busse und Staatskarossen künftig mit Elektroantrieb laufen lassen. Und weiß doch: Nur neue und nachgerüstete, saubere Dieselautos, und zwar schnell, können die Grenzwerte wirklich senken. Ansonsten kann es Fahrverbote geben, nicht sofort, aber doch auf mittlere Sicht. Nicht nur in den jetzt beklagten Städten Düsseldorf und Stuttgart, sondern auch in vielen anderen Städten.

Jens Thurau ist Korrespondent im DW-Hauptstadtstudio

Merkwürdige Gedanken in der Politik

Was der Politik so alles einfällt an dieser Stelle: Mehrere Landespolitiker haben schon darauf hingewiesen, dass mögliche Fahrverbote nur schwer durchgesetzt werden könnten: Es fehle an Polizisten. Am Ende wird es wohl darauf hinauslaufen, dass neuere Dieselautos, die die strengen Normen der EU erfüllen, eine eigene Plakette bekommen und dann im ganzen Land fahren dürfen. Und ältere Fahrzeuge eben nur, wenn sie nachgerüstet werden. Für diese landesweite Regelung gibt es im Bundestag aber gerade keine Mehrheit. Zu Recht fühlen sie die Länder hier von der Regierung im Stich gelassen.

Auto-Deutschland ändert sich

Apropos Europäische Union: Das ist auch mal eine neue Erfahrung, dass sich die deutsche Regierung bei strittigen Themen, die die Autoindustrie betreffen, eben nicht mehr in Brüssel gegen ambitioniertere Ideen durchsetzen kann. Aber so schlimm ist das auch wieder nicht: Deutschland hat die Kernenergie beerdigt und viele tausend Wind - und Sonnenanlagen ins Land gestellt. Jetzt bekommt das Land der vielen Autobahnen ohne Tempolimit, der chromblitzenden Statussymbole, auch noch eine neue Mobilität. Mit etwas Druck aus Brüssel und von deutschen Gerichten. 

 

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